Predigten März 2014 - Ev.-luth. Christus-Gemeinde Spetzerfehn

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Predigten März 2014

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Predigt über 1. Könige 19, 1-8; Oculi; 23.03.2014

Ein Mensch ist fix und fertig, kann nicht mehr, ist müde und enttäuscht, will aufgeben. Elia hieß dieser Mensch, sein Beruf: Prophet. Er hatte das weiterzusagen, was Gott seinem Volk sagen lassen wollte. Und er war erfolgreich damit. Gerade eben noch hat er erlebt, wie mächtig Gott gezeigt hatte, dass auf ihn Verlass ist. Dass Er, Gott, alle anderen Mächte und Machthaber locker in die Tasche stecken kann. Das war für Elia eine grandiose Erfahrung. Aber nach diesem Triumph kam die Ernüchterung. Und jetzt hat Elia die Nase voll und will aufgeben. Wir lesen: Er „setzte ... sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte den Tod herbei. »HERR, ich kann nicht mehr«, sagte er. »Lass mich sterben!   ... Dann legte er sich unter den Ginsterstrauch und schlief ein. Aber ein Engel kam, weckte ihn und sagte: »Steh auf und iss!« Als Elija sich umschaute, entdeckte er hinter seinem Kopf ein frisches, geröstetes Fladenbrot und einen Krug mit Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder schlafen.  Aber der Engel des HERRN weckte ihn noch einmal und sagte: »Steh auf und iss! Du hast einen weiten Weg vor dir!« Elija stand auf, aß und trank und machte sich auf den Weg. Er war so gestärkt, dass er vierzig Tage und Nächte ununterbrochen wanderte, bis er zum Berg Gottes...kam.“

„Elia will aufgeben“ – und mir sind in der letzten Zeit so einige Menschen begegnet, denen es so ähnlich geht wie ihm. Die nicht mehr können. Die sich leer und ausgebrannt fühlen. So wie Elia. Weil sie vielleicht auch nach einer guten Zeit plötzlich die kalte Dusche abkriegen. Das kennen wir doch: Wir haben uns verausgabt. Haben uns eingesetzt. Haben gehofft, dass etwas so kommt, wie wir es uns wünschten. Und alles sah auch so aus. Und dann - die kalte Dusche! Alles vergeblich! Die Hoffnung - zerplatzt wie eine Seifenblase.

Wenn es uns so trifft, dann kann es uns leicht so gehen wie Elia, der von allem nichts mehr wissen will. Der sagt: Nun ist es genug. Nun mag ich nicht mehr. Nun will ich nicht mehr. Elia ist müde - lebens-müde sogar. Ausgebrannt, erledigt. Wie so mancher auch in unserer Gemeinde. Wie kann es weitergehen, wenn man nicht mehr kann? Von Elia lesen wir: Er sagt, wie es ist: „Ich kann nicht mehr!“ Also: er beschönigt die Lage nicht. Er sagt nicht etwa:

„Im Moment geht’s mir nicht so gut - aber das hab ich bald wieder im Griff!“
Nein - Elia traut es sich zu sagen, wie es wirklich ist: “Ich kann nicht mehr!“ Und das habe ich schon oft erlebt, dass das der Anfang der Hilfe war - dass Menschen sich nicht länger etwas vormachen. Dass sie die Lage, in der sie jetzt sind, nicht schön reden. Sondern dass sie erstmal vor sich selbst zugeben können: Jetzt bin ich am Ende! Ich bin mit meinem Latein am Ende; ich bin mit meiner Kraft am Ende; ich bin mit meiner Hoffnung am Ende; vielleicht sogar: ich bin mit meinem Gottvertrauen am Ende.

Ich sprach aus meinem Bekanntenkreis (nicht hier!) mit jemandem, der mir erzählte: Der Betrieb meiner Eltern ist wirtschaftlich vollkommen am Ende. Auch das Privatvermögen ist verschuldet. Im Grunde genommen gehört denen nicht mal mehr der Stuhl, auf dem sie in der Küche sitzen. Und was hat Schwiegervater gemacht, als wir ihn jetzt auf die Misere ansprachen? „Macht euch keine Sorgen, ich hab alles voll im Griff!“ - Er hat gar nichts mehr im Griff - und solange er das nicht einsieht, wurschtelt er so weiter und so lange kann ihm keiner wirklich helfen. Elia ist das sicher nicht leicht geworden, dass er nun sagt: Ich bin am Ende! Er war ja immer der Starke! Hatte die Lage im Griff! Und nun muss er das so schonungslos sehen wie es wirklich ist: Ich kann nicht mehr und hab’ keine Kraft mehr!
Leicht ist das nicht, zuzugeben, dass man an einer bestimmten Stelle nicht mehr weiter-
kommt.  Und doch: darin liegt auch ein Hoffnungsschimmer! Elia kann das noch nicht so sehen - er sieht nur das, was jetzt am Ende ist und dass seine Kräfte am Ende sind - und nun legt er sich hin und schläft erstmal. Eigentlich wünscht er sich, dass er nie wieder aufwacht. Er ist nicht nur müde - er ist lebens-müde. Nichts mehr sehen, nichts mehr hören - so wäre es ihm am liebsten.
   
Gott lässt den Elia schlafen. Das braucht sein Körper, und das braucht auch seine Seele: den Schlaf. Und Elia kann von Glück sagen, dass er schlafen kann! Ich weiß von Vielen, die würden gern schlafen und können nicht, weil die Gedanken kreisen und dann kommt ein unruhiger Schlaf, voller angstmachender Träume und am morgen fühlt man sich erschöpft wie am Abend. Dagegen habe ich kein Geheimrezept. Aber wenn es so ist, dann solltest du nicht zögern, an dieser Stelle ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.  Man muss nicht gleich zu den dicken Klopfern greifen - manchmal wirkt schon eine ordentliche Dosis Johanneskraut so weit, dass es mit dem Schlafen langsam wieder besser wird.  Gott lässt Elia schlafen. Aber er gibt ihm nicht den Schlaf des Vergessens. Er gibt ihm keine Narkose - und er lässt ihn schon gar nicht im Schlaf sterben, damit er alle Probleme los ist. Nach einer gewissen Zeit schickt Gott ihm einen Engel. Der macht ihn wach - und dann redet er nicht auf Elia ein: "Kopf hoch, wird schon wieder...!"  Hält ihm keinen Vortrag: "Du musst auf andere Gedanken kommen...!" Gibt ihm keine guten Tipps: "Du musst positiv denken...!" Nein - der Engel sagt:  "Steh auf und iss."  Elia sieht sich um. Und da steht ein Krug Wasser und Toastbrot. Geröstetes Brot. Mitten in der Wüste. Wundert euch nicht! Gott liebt Details. Er gibt Elia nicht nur Wasser und Brot, das wäre ja wie früher im Gefängnis.  Nein, er gibt ihm geröstetes Brot.

Bei uns ist es vielleicht die Frau aus der Nachbarschaft, die bei uns vorbeikommt, wenn wir ganz schlecht drauf sind, und die uns fragt: Hest vandaog dann all wat to eten hat?! Und vielleicht hat sie sogar ne Kleinigkeit mitgebracht. Und damit sorgt sie nicht nur für die Kalorien - das allein wäre ja auch schon wichtig! Dieser Engel sorgt mit dem Essen auch dafür, dass der Tag eine Struktur bekommt. Schlafen ist gut und es hilft auch - aber es wäre gefährlich, wenn Elia nur noch schlafen würde. Wenn man ganz tief unten ist, dann ist es gefährlich, sich vom Bett ins Sofa und vom Sofa wieder ins Bett zu schleppen und Tag und Nacht zu verschlafen. Besser ist es, dass dafür gesorgt wird, dass der Tag wieder eine Struktur bekommt. Dass eine Richtung drin ist. Darum sagt der Engel zu Elia: „Steh auf und iss!“  Dass wieder Struktur in das Leben kommt, das lässt sich besonders gut mit möglichst geregelten Mahlzeiten machen. Sogar dann, wenn der Magen vielleicht verrückt spielt und das Essen gar nicht lange drin bleibt - allein die Tatsache, dass man wieder anfängt, etwas zu essen, ist schon ein wichtiger Schritt in eine neue Normalität.

Und dann darf Elia noch mal schlafen. Bei Elia ist es wie oft bei uns: da kommen die quälenden Gedanken immer wieder hoch. Du meinst, du hast es unter die Füße gekriegt - und dann kommt’s doch wieder hoch. Aber Gott hat Geduld! So oft, wie er es nötig hat,
lässt er Elia schlafen und essen. Damit er wieder zu Kräften kommt. Gott ermahnt ihn nicht, sondern er gibt ihm Zeit.  So geht Gott mit Elia um und das finde ich richtig liebevoll und anrührend. Das ist ein gutes Stück echter, ganzheitlicher Therapie. Es ist ein Segen, wenn die,  denen es so geht, wenn die so eine Freundin, einen Freund haben, der sie nicht zuredet, zutextet, sondern bei der sie einfach da sein kann, bei Tee und Kuchen, Wasser und Toastbrot. Eine Freundin, einen Freund, einen Nachbarn, dem es nicht zuviel wird, wenn du noch mal heulst, obwohl alles schon 20-mal durchgesprochen wurde. Es ist ein Segen, wenn die, die müde, vielleicht sogar lebens-müde sind, jemanden haben, der ihnen Mut macht, diese belastende Phase ihres Lebens bewusst zu bearbeiten und unter die Füße zu kriegen. Meist ist es ja ein etwas längerer Weg, den man da vor sich hat. Das sagt der Engel ja auch zu Elia: „Du hast einen weiten Weg vor dir!“

Oft erlebe ich es, dass die Wege aus einer Lebenskrise wirklich lang sind. Da bessert sich nichts von heute auf morgen. Das hast du an einem Tag vielleicht erstaunlich viel Klarheit - und am nächsten Tag oder schon eine Stunde später bist du wieder ganz in der Tiefe. „Du hast einen weiten Weg vor dir!“ - Aber: du hast einen Weg vor dir! Da ist Zukunft! Dein Weg ist kein Spaziergang - aber du kannst ihn gehen! Elia geht los - und er kommt an!!

Auf ein Detail will ich noch hinweisen: nachdem Elia sein Herz ausgeschüttet hat, nachdem er Gott gesagt hat, wie elend er sich fühlt, danach redet Gott.  Und er macht ihm klar: Es sind noch 7000, die zu mir gehören. Du bist nicht allein. Und zum ersten Mal kann Elia das glauben. Das konnte er vorher gar nicht sehen. So ist das oft, wenn wir erschöpft sind, wenn die quälenden Gedanken über uns kommen: da sieht man die Wirklichkeit nur noch ganz verzerrt. Man kann nur noch das Belastende sehen. Für Elia stand fest: Ich bin ganz allein, ich allein der Kämpfer. Und Gott sagt ihm zu: Es sind welche an deiner Seite. Du hast Freunde. Menschen, die dir zuhören. Vor denen du dich nicht schämen musst, wenn die Tränen
fließen.  Und dann stellt Gott den Elia wieder in eine Aufgabe. Die Verhältnisse haben sich nicht geändert - aber Elia hat sich verändert. Hat Kraft geschöpft. Hat einen neuen Blick bekommen. Hat erste Schritte gewagt auf dem Weg, der vor ihm liegt. So ist das bis heute: Gott gibt Gelegenheiten, dass wir wieder neue Kraft schöpfen - aber gehen, gehen müssen wir dann selbst! Aber wir können es auch! Es kommt nur darauf an, dass wir auch damit anfangen und den ersten Schritt auch wirklich tun!

Elia will das Handtuch werfen - aber Gott lässt das nicht zu! Er schenkt ihm neuen Mut zum Leben und gibt neue Kraft und gibt neue Zuversicht. Und das gilt nicht nur für Elia. Amen.



Predigt vom 16. März 2014

Leider ist keine schriftliche Fassung der heutigen Predigt vorhanden.


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