10.03.2019
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Predigt
über Hebräer 4, 14-16; Invocavit; 10.03.2019
Nun
sind wir hier wieder in unserer Kirche beieinander - und für mich
kann ich sagen: mir tut das gut, wenn ich hier zusammen mit Euch
Gottesdienst feiern kann! Und von manchen anderen weiß ich, denen
es auch so geht. Manche sagen mir: Wenn ich zur Kirche gehe, dann
kann ich einiges aus der vergangenen Woche zurücklassen, es
beschäftigt mich nicht mehr so intensiv. Andere sagen: In der
Kirche, da tanke ich Kraft für die neue Woche! Kann meine Gedanken
neu sortieren. Und wieder andere sagen: Ich genieße das einfach –
mal ’ne Stunde nichts tun zu müssen, einfach zuzuhören, und am
Ende in der Stillen Zeit mit Gott über so einiges zu reden, was für
mich gerade dran ist, und dann noch ’ne Tasse Kaffee oder Tee zu
trinken und ein bisschen zu klönen. Ja, es tut gut, dass wir
Sonntag für Sonntag als Gemeinde Gottesdienst feiern! Dass wir
einfach vor Gottes Angesicht hier sein und uns von ihm anrühren
lassen können. Auf sein Wort hören, mit ihm reden, Seinen Segen
empfangen für die neue Woche und auch einander begegnen. Das tut
gut! Und das ist nun seit gut 2000 Jahren so. Damals hat Jesus ja
versprochen: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da
bin ich mitten unter ihnen!“ Und dass das für sie wahr wird, das
merken manche auch daran, dass sie im Gottesdienst Belastendes
ablegen, sich neu sortieren und Kraft für die neue Woche schöpfen
können. Das ist auch der Hintergrund für den Bibelabschnitt, der
uns für heute gegeben ist: ‚Lasst
uns festhalten an der Hoffnung, zu der wir uns bekennen. Wir haben
doch einen unvergleichlichen Obersten Priester, der alle Himmel
durchschritten hat und sich schon bei Gott, im himmlischen Heiligtum,
befindet: Jesus, den Sohn Gottes. Trotzdem ist er nicht jemand, der
kein Mitgefühl für unsere Schwachheit haben könnte. Er wurde ja
genau wie wir auf die Probe gestellt - aber er blieb ohne Sünde.
Darum wollen wir mit Zuversicht vor den Thron unseres gnädigen
Gottes treten. Dort werden wir, wenn wir Hilfe brauchen, stets Liebe
und Erbarmen finden.‘
„Lasst
uns festhalten an der Hoffnung...“ Festhalten
an der Hoffnung, festhalten am Glauben, festhalten am Gottesdienst.
Dazu werden wir ermutigt, weil das offenbar gar nicht so einfach ist
- damals wie heute. Damals war es für die Christen in den ersten
Gemeinden lebensgefährlich, zur Kirche zu gehen. Sie wurden ja bis
aufs Blut verfolgt und wenn rauskam, dass sie zu diesen Christen
gehörten, dann mussten sie damit rechnen, dass sie
dafür
umgebracht werden. Wenn man so unter Druck steht, dann ist es gar
nicht so leicht, treu dabei zu bleiben. Heute setzen wir hier bei uns
unser Leben nicht mehr aufs Spiel, wenn wir zur Kirche gehen. Aber
trotzdem ist das für manche gar nicht so einfach. Weil es dann
leicht knapp werden kann damit, dass man das Mittagessen pünktlich
um 12 auf dem Tisch hat. Oder über Jahre hinweg war fast jeden
Sonntag eine Frau hier in der Kirche, die dafür zu Hause oft richtig
Ärger bekam – weil ihr Kerl von dem ganzen ‚Kirchenzirkus‘
nichts hielt und sie manchmal dafür auch geschlagen hat. Aber das
war ihr egal – sie hat festgehalten am Gottesdienst, so lange, bis
sie gestorben ist. Festhalten am Gottesdienst – gar nicht so
einfach, weil einen die Woche so geschafft hat und man es auch gut
vertragen könnte, lange zu schlafen. Oder weil man nicht so recht
weiß, wie man reagieren soll, wenn montags die Kollegen auf der
Arbeit lästern, weil sie rauskriegen, dass man Sonntags in der
Kirche war. Und es mag wohl noch ’ne ganze Reihe anderer Gründe
geben, warum Menschen den Gottesdienst schluren lassen. Egal warum,
ihnen, uns wird gesagt:
“Lasst
uns festhalten an der Hoffnung...!“ Lasst uns festhalten am Glauben
– und weil Jesus Christus da Sonntag für Sonntag einen ganz
besonderen Termin mit uns hat, eben auch: lasst uns festhalten am
Gottesdienst!
Natürlich
ist er auch die Woche über für uns da! Und viele von uns werden
täglich mit ihm reden. Aber trotzdem ist die Versammlung der
Gemeinde im Gottesdienst eine ganz besondere Gelegenheit, an die
Jesus sich gebunden hat. Und darum ist der Schreiber des
Hebräerbriefes davon überzeugt, dass es wichtig ist, daran
festzuhalten. Aber: warum
lohnt es sich? Drei Gedanken dazu. Erstens:
Jesus
ist einer, der uns gut versteht.
Das
wissen wir alle, wie gut das tut, wenn wir jemanden haben, der uns
versteht. Der weiß, wie wir uns fühlen. Wenn das Kind mit ’ner
„5“ in Mathe nach Hause kommt und wenn Mama oder Papa wissen, wie
ihr Sprössling sich dann fühlt, weil es ihnen selber damals auch
schon so gegangen ist. Oder wenn die Kollegin am Schreibtisch
gegenüber mitfühlen kann, wie schlecht es dir im Moment damit geht,
dass du mit deinem Freund Schluss gemacht hast. Oder wenn dein
Nachbar sich in dich hineinfühlen kann, wie es dir geht, wenn du
dich nicht zur 3Tages-Fahrt mit deinem Kegelclub anmelden kannst,
weil deine kleine Rente das einfach nicht hergibt. Wir brauchen
andere, die uns verstehen. Dadurch werden die Probleme zwar nicht
gleich kleiner, aber wir stehen ihnen nicht mehr ganz alleine
gegenüber. Wenn wir jemanden haben, der uns versteht, dann geht
davon oft eine Kraft aus. Dass wir Mut kriegen und gestärkt werden.
Menschen, die uns in einer bestimmten Sache verstehen und für uns da
sind, die tun uns einfach gut. Und genau so einer ist Jesus auch! Er
ist so ein guter Versteher. So steht es in diesem kurzen
Bibelabschnitt heute. In unserer Sprache heißt es so:
„... Jesus ist nicht jemand, der kein Mitgefühl für unsere
Schwachheit haben könnte. “
In
der griechischen, also in der ursprünglichen Version steht da an der
Stelle das Wort „Sympathie“. Jesus ist einer, der ganz viel
Sympathie für uns hat. Und Sympathie, das bedeutet in der Sprache
von damals mehr, als dass wir Jesus nur sympathisch sind. Jemand
sympathisch finden, das ist ja, dass wir jemanden nett finden. Das
Wort Sympathie in der biblischen Sprache bedeutet, in allen
Lebenslagen verbunden zu sein. Sich ganz und gar in den anderen
hineindenken können. Jesus kann das. Er hat so viel Sympathie für
uns. Er kann sich ganz tief in uns hineinversetzen. Um das etwas
deutlicher zu machen, benutzt der Bibelabschnitt heute einen
Vergleich. Er
sagt: Jesus hat alle Himmel durchschritten.
Gemeint
ist: Jesus ist direkt bei Gott. An der Seite Gottes. Und gleichzeitig
ist er bei uns und steht uns im Alltag zur Seite. Jesus gehört zu
100% zu Gott - und gleichzeitig weiß er genau, was in unserem Leben
los ist.
Ist
Jesus also einer wie wir? Ist er wie Du und ich? Ja und nein. Auf der
einen Seite Ja! Jesus ist einer wie wir. Ganz und gar Mensch. Er hat
das kennen gelernt, was wir auch durchmachen müssen. Er hat erlebt,
wie schlimm und bösartig das Gerede der Leute sein kann. Er ist von
seinen besten Freunden enttäuscht worden. Er hat gemerkt wie das
ist, wenn andere uns nicht verstehen. Er hat es erlebt, dass Gottes
Gegenspieler ihn von Gott abbringen wollte. Er hat Angst gehabt vor
schlimmen Schmerzen. Jesus weiß, wie das ist, wenn man sich total
Gottverlassen fühlt. Am Kreuz hat er geschrieen: "Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Und so gesehen ist
Jesus einer wie wir!
Aber
auf der anderen Seite ist er auch ganz
anders.
Mindestens dieses Eine unterscheidet ihn von uns: "...er blieb
ohne Sünde". Also: Er hat Gottes Weg nicht verlassen und das
Ziel nicht aufgegeben. Er hat durchgehalten. Er ist Gott treu
geblieben. Man kann auch sagen: Er hat Gott aus keinem Bereich seines
Lebens ausgegrenzt. Und er hat nichts vor Gott verborgen und
versteckt. Jesus ist beides: Einer wie du und ich - und trotzdem ganz
anders, als du und ich je sein werden. Und weil in ihm beide Seiten
zusammen kommen, hat er so viel Verständnis für uns, so viel
Sympathie. Nichts Menschliches ist ihm fremd. Egal, in welchen
Schlamassel wir vielleicht reinkommen – vor Ihm braucht es uns
nicht peinlich sein! Egal, in welche unmögliche Lage wir vielleicht
einmal geraten: niemals wird Er sich angewidert von uns abwenden!
Solange wir leben, wird er nie zu uns sagen: Jetzt hab ich die Nase
aber voll von dir! Und darum lohnt es sich, dass wir den Kontakt mit
ihm, mit Jesus, pflegen – weil wir mit Ihm den
an unserer Seite haben, der uns am allerbesten versteht.
Zweitens:
Jesus ist einer, der den Überblick hat.
Überall
merken wir in unserer Gesellschaft, dass der Überblick fehlt. Egal,
wo man
hinkuckt
kriegt man doch den Eindruck, dass niemand mehr so richtig weiß, wo
der Hase hinläuft und was getan werden muss. Und in unserem
persönlichen Leben geht es manchmal auch ganz schön drunter und
drüber. Keiner von uns weiß, was die nächste Zeit bringt. Wie es
gesundheitlich wird, was aus unseren Kindern und Enkelkindern wird.
Egal, wo man hinkuckt: in ganz vielen Bereichen fehlt der Überblick.
Aber
Gott sei Dank – Jesus Christus hat
den Überblick! Auch das steckt drin in dieser Aus-
sage,
dass Jesus „den Himmel durchschritten“ hat. Durch alle
Dimensionen und Zeiten ist Er bereits hindurchgegangen. Wir
können immer nur den Moment einigermaßen überblicken, der jetzt
gerade ist. Das, was früher einmal war, daran können wir uns zwar
erinnern, aber wir können es nicht noch mal erleben. Nicht mehr
verändern. Und das, was auf uns zu-
kommt,
darin haben wir keinen Einblick. Das ist uns
verborgen. Bei Jesus ist das anders.
Er
hat den Überblick über unser ganzes
Leben. Er kennt unsere Vergangenheit genauso wie das, was auf uns
zukommt. Und er hat nicht nur den Überblick, sondern wenn wir ihn
lassen, dann will er unser Leben auch mitgestalten. Manche Christen
vergleichen ihr Leben mit einer Autofahrt. Und sie sagen: Jesus soll
auf den Fahrersitz und ich will ihm das Lenken überlassen. Ich sehe
das anders. Von der Bibel her ist es doch so, dass wir unser Leben
von Gott bekommen haben – und zwar mit dem Auftrag, dass wir unser
Leben leben sollen. Anders gesagt: dass wir
das Auto steuern, lenken
sollen. Die Verantwortung für unser Leben, die können wir auf
keinen andern schieben, auch nicht auf Jesus! Aber: Er hat ja
eindeutig den besseren Überblick über unser Leben. Im Bild
gesprochen: er kennt alle Wege, die schon hinter uns liegen und die
noch vor uns liegen und wo wir jetzt gerade unterwegs sind. Und er
weiß, wo es besonders riskant ist. Wo wir besonders in Gefahr
kommen. Ich sehe das eher so, als wäre Jesus das Navigationssystem
in meinem Lebensauto. Und alle möglichen Karten sind bei ihm da.
Alle Wege meines Lebens. Und das Herzstück dieses Navi’s ist die
große Sympathie, die Jesus für uns hat. Sein großes Interesse,
dass wir unser Leben nicht vor die Wand fahren. Und darum gibt er uns
Hilfen. Zum Beispiel durch die Gebote. Oder dadurch, dass wir
manchmal genau spüren, was wir machen sollen oder was wir nicht
machen sollen – wo sich also unser Gewissen meldet. Wo Menschen
mit Jesus in Kontakt sind, da ist das wie bei einer Autofahrt, wenn
das Navi eingeschaltet ist. Jesus findet Mittel und Wege, dass er uns
die Richtung angibt. Aber entscheiden müssen wir uns dann schon
selbst. Und je enger wir mit ihm verbunden sind, desto deutlicher
werden wir mit der Zeit raushören und rausspüren, was er uns
mitteilen und sagen will, damit wir unseren Weg finden. Das dritte,
warum es sich lohnt, fest zu halten an der Hoffnung, fest zu halten
am Glauben, fest zu halten am Gottesdienst:
Jesus
ist einer, der für uns eintritt.
Gleich
am Anfang vom Predigttext wird er als der Hohepriester bezeichnet.
Ein Priester ist jemand, der einen Menschen mit Gott zusammen bringt.
Der dafür sorgt, dass ein Mensch sich Gott nähern darf. Und von
Jesus heißt es hier nun, dass er der Hohepriester sei. Also der
oberste Priester. Der sich bei Gott für uns einsetzt. Egal, worum es
geht – Jesus setzt sich bei uns für Gott ein! Sorgt dafür, dass
du mit dem, was gerade anliegt, bei Gott Gehör findest. Jesus bittet
Gott, dass Er sich für dich einsetzt. Und ich bin sicher: davon
wirst du auch etwas merken! Er wird da sein, wenn du dich mit
irgendwelchen Problemen herumschlägst. Er wird da sein, wenn du
Angst hast vor dem Gespräch mit dem Arzt. Er wird da sein, wenn
deine Nerven mit dir durchgehen und du mal wieder deine Kinder
anbölkst und anschließend tut es dir leid. Er wird da sein, wenn du
eine schwierige Entscheidung treffen musst und nicht weißt, wie du’s
machen sollst.
Ich
habe keine Ahnung, wie sich das dann im Einzelnen auswirken wird,
dass Jesus als der
oberste
Priester sich für dich bei Gott einsetzt. Aber es wird
sich auswirken! „Darum
lasst uns festhalten an der Hoffnung ... und mit Zuversicht vor den
Thron unseres gnädigen Gottes treten. Dort werden wir, wenn wir
Hilfe brauchen, stets Liebe und Erbarmen finden.“ Amen.