20.01.2019 - Ev.-luth. Christus-Gemeinde Spetzerfehn

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20.01.2019

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Predigt vom 20.01.2019

 
1. Johannes 5, 11-13; 2. Sonntag nach Epiphanias; 20.01.2019   

Liebe Gemeinde, Weihnachten und Neujahr liegen gefühlt schon wieder lange hinter uns und wir sind wieder drin im Alltag.  Da ist es gut, dass wir nach dem Kirchenkalender noch drin sind in der Weihnachtszeit – am 2. Sonntag nach Epiphanias. Das hat auch den Sinn, dass wir auch jetzt noch einmal aus der Bibel hören, dass Weihnachten sich nicht mit den paar Feiertagen erschöpft.  Das, worauf es wirklich ankommt, das liegt nicht hinter uns, sondern das geht mit uns. Das ist nicht vorbei, sondern das bleibt.  Im 1. Johannesbrief wird es so gesagt: Gott hat uns das ewige Leben gegeben.  Und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer den Sohn hat, der hat das Leben.  Ums Leben geht es hier. Dass wir leben, können wir alle spüren: dass wir uns an der Nase kitzeln können oder unseren Puls fühlen können – egal was: an vielen Dingen merken wir, dass Leben in uns ist.
Wenn es im Predigttext nun um ‚ewiges Leben‘ geht, ist damit gemeint: unser Pulsschlag setzt sich fort bis in alle Ewigkeit?  Nein, sicher nicht. Und wir sind sicher auch nicht damit zufrieden, unser Leben nur mit dem Pulsschlag oder anderen äußeren Lebenszeichen zu vergleichen. Sicher, der Puls schlägt, das Herz arbeitet, Kreislauf und Stoffwechsel funktionieren mehr oder weniger gut. Wir essen und trinken, wachen und schlafen. Wir arbeiten und ruhen, sind eingefügt in eine Familie, in ein Dorf, in unsere Nachbarschaft. Wir leben. Und trotzdem ist Leben (großgeschrieben) und leben (kleingeschrieben) anscheinend zweierlei!  
Leben ist mehr, als dass unser Organismus funktioniert. Leben ist mehr als das Gegenteil von Tod. Und in uns drin ist sozusagen serienmäßig eingebaut die Sehnsucht danach, dass wir mehr vom Leben haben möchten als nur, dass der Stoffwechsel funktioniert oder das Herz schlägt. Das merken wir spätestens dann, wenn wir uns vorstellen, dass wir vielleicht mal auf einer Pflegestation landen – angeschlossen an Geräte, verbunden mit Kabeln, versorgt über Schläuche. Da kommt wie von selbst die Frage auf: Ist das  Leben?  Und ich weiß von vielen, die das für sich so beantworten, dass sie sagen: So möchte ich nicht leben, das ist aus meiner Sicht kein Leben.  

 
Wir sind auf der Suche nach dem Leben. Und bei dieser Suche gibt es sozusagen verschiedene Richtungen. Da gibt es z.B. die, die hoffen, dass sie in fremden, meist östlichen Religionen in das wahre Leben treten. Sie gönnen sich teure Meditationskurse, die ihnen dabei helfen sollen. Andere wollen ihren Lebenstraum im Beruf, in der Karriere erfüllen. Sie arbeiten hart und gönnen sich kaum etwas - Familie, Kinder, Beziehungen werden hinten angestellt. Wieder andere sehen ihr Lebensglück in den eigenen Kindern. Sie steken ihre ganze Energie in die Kinder und vernachlässigen dabei ihre Zweisamkeit. Manche erhoffen sich von Wellness und Schönheit das wahre Leben - da wird der Körper teuren Re-
Vitalisierungskursen unterzogen, man schwitzt in der Mucki-Bude, um den Hängebauch wegzukriegen, Wangen und Backen und andere Körperteile werden geliftet oder da wird Botox reingespitzt.

 
Gegen vieles davon ist erstmal gar nichts zu sagen! Es hat noch keinem geschadet, durch Konzentrationsübungen etwas zur Ruhe zu kommen.  Und natürlich muss man sich im Be-
ruf engagieren, wenn man weiterkommen will.  Wer Zeit und Nerven in seine Kinder investiert, der verdient das Lob unserer Gesellschaft; wer seinen Körper pflegt oder trainiert,
der kann das mit gutem Gewissen tun. Problematisch wird das alles nur, wenn wir denken,
dass wir dadurch das wahre Leben bekommen. Das Leben, das sich wirklich lohnt. Viele
haben die Erfahrung gemacht: da hast du dich abgerackert, da hast du immer nur verzichtet, da hast du dich tüchtig angestrengt - und am Ende hat’s nicht das gebracht, was du dir davon erhofft hattest: die teuer erkaufte Schönheit welkt dann doch irgendwann; die Karriere wird zur Sackgasse, weil irgendein Konzern die Firma aufkauft und dich absägt; die Kinder gehen ihren eigenen Weg  -und das ist ja völlig normal und so soll es sein!-  aber die Zweisamkeit ist nicht mehr erfüllend. Das, worauf man alles gesetzt hat, hat es nicht gebracht.  Der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Ernesto Carde­nal, hat es so gesagt: " ... nach langen Stunden kehren wir am Abend müde zurück. Oft geschieht dies mit dem Eingeständnis: Dieser Tag heute hat es nicht gebracht. Es scheint ein Loch in unserer Seele zu geben, das wir selbst  nicht  stopfen können. Ganz offensichtlich muss es von außen gefüllt werden."    Und genau darum werden wir heute an Jesus Christus erinnert!
Wer Ihn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.   Gemeint ist: Leben, sinnerfülltes, zufriedenes, von Gott getragenes Leben gibt es nur durch ihn.     

 
Ich weiß: das ist eine sehr steile Aussage! Und natürlich kann man einwenden: Ein sinnvolles Leben kann ich doch auch ohne Gott, ohne Jesus Christus führen. Wenn ich mich engagiere - für andere Menschen, für den Verein, für die Feuerwehr. Wenn ich meinen Hobbys nachgehe. Wenn ich mich bilde, ins Konzert gehe, schön Urlaub mache. Das alles bringt  mir doch auch was! Natürlich bringt einem das was - gar keine Frage! Aber auch hier kommt es wieder darauf an, ob es etwas bringt - also etwas, was mein Leben verschönert oder interessant macht. Oder ob es mir das Leben bringt. Nicht etwas, sondern das Ganze.  Nicht einen Teil, sondern die Fülle. Ich will es mit einem Beispiel etwas deutlicher machen: viele von uns hatten einen Weihnachtsbaum, schön geschmückt – mit Kugeln vielleicht oder mit Holzanhängern, mit Lametta oder mit Engelhaar. Und trotzdem: irgendwann war es nicht mehr zu übersehen, dass er nicht mehr frisch ist, dass er nadelt. Dagegen helfen auch nicht die glänzendsten Kugeln und das schönste Engelhaar. Dass er nadelt, das liegt daran, dass er abgeschnitten worden ist von seiner Wurzel – und darum wird er vergehen. Kein Mensch
kann das aufhalten.  Und wenn es im Predigttext heißt, dass wir das Leben durch Christus
haben, dann ist das damit gemeint: dass wir durch ihn mit der Wurzel verbunden sind!
Und dass er dann Lebenssaft und Lebenskraft in uns hineinströmen lässt. Und dass wir eines Tages nicht einfach entwurzelt dastehen und ein trauriges Bild abgeben – wie so ein abgewrackter Weihnachtsbaum. So verstehe ich diesen Satz, dass wir durch Jesus das Leben haben. Er verbindet uns mit Gott. Er ist die Wurzel, die wir brauchen. Und darum finde ich es gut, dass uns ein solch klares Wort ziemlich am Anfang des neuen Jahres mit auf den Weg gegeben wird. Damit wir es nicht vergessen bei all dem, was wir uns fürs neue Jahr vorgenommen haben und dass wir es nicht vergessen bei all dem, was auf uns zukommen mag: ER ist das Leben. Er will uns durch das neue Jahr hindurch begleiten. Er will uns helfen, unseren Alltag zu gestalten, will uns darin Zuversicht geben und Erfüllung. Wer den Sohn hat, der hat das Leben.  

 
Ja, und wie verhält es sich nun mit dem ‚ewigen Leben‘? Nach unseren Erfahrungen endet doch alles Leben im Tod. Alles steht unter dem Zeichen der Vergänglichkeit. Pflanzen, Tiere und auch wir Menschen. Selbst Sterne und Milchstraßen haben ihre Zeit. Vergänglich ist auch, was wir erkämpft, geschaffen und erbaut haben: am Kölner Dom bröckelt es pausenlos an den Steinfiguren,  die große Kaserne in Aurich steht nutzlos rum; in Italien ist letztes Jahr eine wichtige Brücke zusammengekracht.  Was es auch ist und wer es auch ist – alles ist
vergänglich. Und in diese Tatsache hinein hören wir in der Kirche oft, dass es „ewiges Le-
ben“ gibt.  Dazu zwei Gedanken:

 
1.: Bei uns, in unserem Sprachgebrauch, ist das Wort „ewig“ ein Zeitbegriff. Wie oft stöhnen wir Männer und sagen zu unserer Frau: „Das dauert ja ewig, bis du weißt, was du anziehen willst!“ Und umgekehrt: Wie oft seufzen unsere Frauen und sagen „Das ist schon ewig her, dass ich dir gesagt habe, dass du deine Drecksocken mit nach unten bringst. Und nun liegen sie immer noch im Schlafzimmer.“  „Ewig“ – für uns das Wort mit dem wir beschreiben, wenn etwas ganz lange dauert. In der Sprache der Bibel hat dieses Wort aber eine grundsätzlich andere Bedeutung. Da ist es in erster Linie kein Zeit-, sondern ein Qualitätsbegriff.  ‚Ewiges Leben‘ ist in der Sprache der Bibel   Leben in höchster Qualität.  Wo wir durch nichts mehr eingeschränkt sind. Wo nichts mehr auf der Seele liegt. Wo wir uns keine Sorgen mehr machen müssen. Wo wir aus der Fülle leben.  Das sind nur wenige Umschreibungen für das, was die Bibel mit „ewigem Leben“ meint. Letztlich: ganz nahe bei Gott sein! Und dort wo Gott ist, da ist Qualität pur!  Lebensqualität. Ewiges Leben.


 
2.: Das Bibelwort für heute erinnert uns:  das ewige Leben beginnt nicht erst nach dem Tod. Durch den Glauben an Jesus Christus ist heute schon die Ewigkeit in unser Herz gekomen. Da steht ja: Gott hat uns das ewige Leben gegeben. Ihr habt das ewige Leben. Das Sprichwort sagt: „Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus.“ Gemeint ist: wenn ein außergewöhnlicher Anlass ins Haus steht, dann merkt man da schon früher was von.  Man denkt darüber nach, wie man es gestalten will. Man merkt schon die Vorfreude. Anders gesagt: das, was kommt, wirkt schon jetzt in unser jetziges Leben hinein. Und so können wir uns das mit dem Ewigen Leben auch vorstellen. Das ist nicht etwas, was erst anfängt, wenn wir hier einmal die Augen zumachen. Ab und zu, da merken wir jetzt schon etwas davon.  In den Momenten, die wir gerne festhalten möchten. Wenn wir vor Freude die Welt umarmen möchten. Oder wenn wir in einer schwierigen Lage plötzlich wieder Land sehen. Wenn wir endlich den Mut bekommen haben für eine bestimmte Entscheidung. Wenn wir mit Menschen zusammen sind und dann merken: jetzt geht es mir besser als vorher!  Das alles sind Momente, in denen das Ewige Leben schon aufleuchtet. Für einen Augenblick - aber dieser Augenblick ist sozusagen die Anzahlung für das, was uns einmal vollkommen erwartet: das ewige und unvergängliche Leben! Dass wir mit eigenen Augen sehen: mein Leben hat sich gelohnt!   Es hat einen Sinn gehabt - selbst die Tränen haben einen Sinn gehabt.  Durch Christus haben wir dieses Leben.  
Und die anderen? Die, die nicht in Verbindung mit Christus leben?   Die sind dadurch keinen Deut schlechter! Aber der Predigttext sagt: sie sind nicht angeschlossen an diese Quelle der Kraft. Sie sind nicht verbunden mit der Wurzel, aus der wir unsere Lebenskraft kriegen. Und darum müssen sie alles von sich selber erwarten. Sich selber Mut zusprechen. Sich selber Kraft geben.  Auf Dauer ist das gewaltig schwer, eigentlich sind wir damit überfordert. Darum tun wir selbst uns den größten Gefallen, wenn wir in der Verbindung zu Christus bleiben oder uns neu hineinbegeben. In diesem Sinne lasst uns nun miteinander singen: ‚Du gibst das Leben, das sich wirklich lohnt!‘ Amen!

 

 
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