23.06.2019 - Ev.-luth. Christus-Gemeinde Spetzerfehn

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23.06.2019

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Lukas 16, 19-31; 1. Sonntag nach Trinitatis; 23. Juni 2019

 
Es war einmal ein reicher Mann, der immer die teuerste Kleidung trug und Tag für Tag im Luxus lebte.  Vor seinem Haustor lag ein Armer, der hieß Lazarus. Sein Körper war ganz mit Geschwüren bedeckt.  Er wartete darauf, dass von den Mahlzeiten des Reichen ein paar kümmerliche Reste für ihn abfielen. Er konnte sich nicht einmal gegen die Hunde wehren, die seine Wunden beleckten. Der Arme starb und die Engel trugen ihn an den Ort, wo das ewige Freudenmahl gefeiert wird; dort erhielt er den Ehrenplatz an der Seite Abrahams.
Auch der Reiche starb und wurde begraben.  In der Totenwelt litt er große Qualen. Als er aufblickte, sah er in weiter Ferne Abraham, und Lazarus auf dem Platz neben ihm.  Da rief er laut: ‚Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir! Schick mir doch Lazarus!  Er soll seine Fingerspitze ins Wasser tauchen und meine Zunge ein wenig kühlen, denn das Feuer hier brennt entsetzlich.‘  Aber Abraham sagte: ‚Mein Sohn, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten das dir zugemessene Glück erhalten hast, Lazarus aber nur Unglück. Dafür kann er sich nun hier freuen, während du Qualen leidest.  Außerdem liegt zwischen uns und euch ein riesiger Graben. Selbst wenn jemand wollte, könnte er nicht zu euch kommen, genauso wie keiner von dort zu uns gelangen kann.‘  Da bat der reiche Mann: ‚Vater Abraham, dann schick Lazarus doch wenigstens in mein Elternhaus! Ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit sie nicht auch an diesen schrecklichen Ort kommen!‘   Doch Abraham sagte: ‚Deine Brüder haben das Gesetz Moses und die Weisungen der Propheten. Sie brauchen nur darauf zu hören.‘  Der Reiche erwiderte: ‚Vater Abraham, das genügt nicht! Aber wenn einer von den Toten zu ihnen käme, dann würden sie ihr Leben ändern.‘ Abraham sagte: ‚Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, dann lassen sie sich auch nicht überzeugen, wenn jemand vom Tod aufersteht.‘“

 
Liebe Gemeinde, den Bibelabschnitt für heute hat Insa  uns ja vorhin schon gelesen. Und sicher habt ihr gespürt: dieser Text ist  nicht  bequem und passt auch irgendwie nicht zu diesem schönen, sonnigen Tag. Aber trotzdem ist er wichtig! Weil er Dinge anspricht, auf die es ankommt.   Auf die es in unserem Leben ankommt, aber auch dann, wenn wir sterben.   Dass wir einmal sterben - das  wissen wir. Wovon wir nichts wissen ist, wie es danach weitergeht. Dazu sagt auch dieser Abschnitt nicht viel. Das liegt daran, dass er gar nicht in erster Linie zeigen will, wie es im Himmel aussieht. Viel wichtiger ist unser Leben vor dem Tod. Wie wir leben. Wie wir mit uns selbst und mit anderen   umgehen.  Wo wir unsere Priori-
täten setzen.  Uns soll nicht  Angst  gemacht werden vor dem, was kommt – sondern uns soll geholfen werden bei der Gestaltung  unseres Lebens.  Aber soviel kann man sagen:  es
wird im Himmel anders zugehen als auf dieser Erde.  Der reiche Mann in dem Gleichnis hat das zu spät kapiert - da konnte er nichts mehr ändern.  Aber für uns ist es noch früh genug - wir sind ja noch am Leben und hören jetzt gerade auf Gottes Wort.  Und das ist auch schon gleich der springende Punkt:   wenn man verstehen will, was Jesus uns mit diesem Gleichnis sagen will, dann muss man erstmal ganz ans Ende kucken. Da sagt Abraham zu dem verstorbenen Reichen: ‚Hören deine Brüder, die jetzt noch leben, Mose und die Propheten nicht, dann werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten aufersteht.‘  Also: hören sie nicht auf Gottes Wort, dann kann ihnen etwas anderes  auch nicht helfen. Wir werden gefragt:  wonach  richte ich mein Leben aus?  Was ist die Richtschnur, woran  orientiere ich mich?   

 
Der, der diese Worte aufgeschrieben hat, der ist überzeugt: es kommt darauf an, die richtige Stellung gegenüber Gottes Wort zu finden. Und darum lasst uns von daher den Text nochmal
ankucken. Da ist erstmal der reiche Mann.  Er ist nicht  darum in der Hölle, weil er viel Geld hatte!  Das ist nicht das Problem.  Er ist darum in der Hölle, weil ihm das, was er hatte,  wichtiger war als das, was Gott ihm sagen wollte.  Reich war er - das ist das einzige, was über ihn gesagt wird. Das ist das einzige, was über diesem Leben als Fazit steht.  „Er war reich". Das ist so viel - und das ist gleichzeitig doch so wenig! Das ist so erbärmlich wenig gemessen an dem, was das Leben wirklich ausmacht.  Über diesen reichen Mann erfahren wir kaum etwas – nicht mal seinen Namen.  Trotz allen Reichtums bleibt er eine namenlose Gestalt.  Nur eines erfahren wir: vor seiner Tür lag ein schwerkranker Mensch. Angewiesen auf die Fürsorge anderer.  Das Elend liegt dem Reichen hautnah vor der Tür - aber er lässt die Tür  zu! Ob er es aus Herzlosigkeit tut? Ist er so hart, so kalt? Oder ist es umgekehrt? Dass er sagt: 'Mir geht das zu nahe, wenn ich den armen Mann da liegen sehe. Ich kann kein Blut sehen und krieg' dann die ganze Nacht kein Auge zu!'   Warum auch immer: er macht die Tür nicht auf. Und der Bibelabschnitt will uns sagen: das wäre anders gewesen, hätte er sich an Gott und Seinem Wort orientiert!  Wer auf Gott hört und Sein Wort ernst nimmt, der geht nicht einfach an anderen vorbei, denen es dreckig geht!   
    
Wenn wir uns mit diesem reichen Mann vergleichen, dann schneiden wir ja viel besser ab, oder?  So herzlos ist doch keiner von uns! Aber Vorsicht: wenn wir so denken sollten, dann hätten wir den Sinn dieses Gleichnisses verfehlt. Es geht nicht darum, dass wir diesen reichen Mann beurteilen, die Frage ist: was machen wir?  Wo stehen wir?  Was machen wir, wenn das Elend uns auf den Leib rückt?  Wir werden heute gefragt: Wer liegt vor unserer Tür? Welche Wunden tragen Menschen in unserer Umgebung?  Die Eiterbeulen des Lazarus konnte man sehen. Aber die Verletzungen der Seele, die viele Menschen haben, die sieht man oft nicht. Dabei tun sie oft schlimmer weh als eine körperliche Verletzung.  Vielleicht haben wir unseren Lazarus  bei uns in der Nachbarschaft, im Bekanntenkreis. Wo jemand Schwierigkeiten hat und wir merken: er versucht sich mit Tabletten oder Alkohol zu helfen. Aber wir haben oft nicht den Mut, an diese wunden Stellen zu rühren und darum lassen wir es so laufen.
Vielleicht ist mein Ehepartner mein Lazarus.  Er verkümmert, kann sich nicht  entfalten. Und
die eigene Frau, der eigene Mann merkt nichts davon oder macht die Augen davor zu.  
Vielleicht sind es die Kinder, die an ihrer Seele verkümmern, weil ihre Eltern nicht mehr
miteinander können, oder weil sie ständig in Action sind und keine Zeit mehr für ihre Kinder haben.  Lazarus hat viele Gesichter.  

 
Der reiche Mann konnte nicht abgeben. Weil er zu sehr an sich selbst und an seinen Reichtum gebunden war. Und das war so, weil er sein Leben noch nicht mit Gott ins Reine gebracht hatte. Und da ist die Frage: Wo stehen wir? Es ist die Frage nach meinem Verhältnis zu Gott  und gleichzeitig die Frage nach dem, der meine Hilfe braucht.  Beides gehört eng zusammen:  wir können nicht an Gott glauben und trotzdem  hartherzig gegenüber unserem Nächsten sein.  Du kannst noch so viel beten und Bibellesen und noch so toll über den Glauben reden: wenn du dort, wo du helfen kannst, nichts tust, dann nützt dir das gar nichts.  Und umgekehrt ist es auch so: du kannst noch so viel Gutes tun, du kannst noch so sozial sein, du kannst dich noch so viel um andere kümmern – wenn du keinen Kontakt mit Gott hast, dann nützt das auch nichts, dann fehlt dir das Entscheidende!  
Zurück zum Text. Erinnern wir uns: von dem Reichen wissen wir nicht mal den Namen. Bei Lazarus ist das anders.  ‚Lazarus‘ - dieser Name, der bedeutet: ‚Gott ist mein Erbarmer.‘  Lazarus hat nichts außer eitrigen Geschwüren und Schmerzen und Hunger. Er ist das
krasse Gegenteil zu dem Reichen. Er hat nichts und er ist nichts. Aber trotzdem:  er ist  -anders als der Reiche-  kein Niemand. Er hat einen Namen, er ist bekannt.  Er ist bekannt bei Gott! Und weil er Gott auf seiner Seite hat, hat er alles. Hier der eine - er ist reich. Da der andere - er ist arm dran, aber er hat Gott. Und beide kommen nun an den Punkt, wo wir alle mal hinkommen: beide sterben!   Was mag das bei dem reichen Mann für eine prunkvolle Beerdigung gewesen sein! Der teuerste Sarg, viele Kränze, eine Doppelseite in der Zeitung mit Todesanzeigen von Freunden, Geschäftspartnern, Parteikollegen.  Lazarus dagegen kann froh sein, dass sich irgendjemand über seinen Leichnam erbarmt und ihn irgendwo verscharrt, damit ihn die Hunde nicht fressen. Aber das ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist nicht, wie prunkvoll unsere Beerdigung ausfällt und wieviel Traueranzeigen für uns erscheinen - das Wesentliche ist, wie es dann mit uns selber weitergeht. Und da sagt das Gleichnis: Lazarus wird von Engeln in den Himmel getragen - der Reiche dagegen muss leiden.  Das war sein Verhängnis: er hatte nicht über den Tod hinausgedacht und sein Leben darauf eingestellt.  Er hatte so gelebt, als gäbe es den Tod gar nicht,  oder als wäre der Tod vielleicht nur der Abbruch, das Ende des Lebens und danach  das Nichts. Aber so ist es
nicht! Dieses Gleichnis sagt zwei Dinge dazu.  

 
Erstens: Mit dem Tod ist nicht alles aus!   Unsere Biographie, unsere Lebensgeschichte wird nach dem Tod weitergeschrieben.  Für unsere Augen wohl verborgen - aber das ist sicher: Gott lässt uns auch im Tod  nicht los! Er schreibt auch dann an unserem Lebensbuch weiter. Er lässt uns auch nach dem Sterben nicht aus seinem Blick, nicht aus seinem Herzen, nicht aus seinem Sinn.

 
Das Zweite: Himmel und Hölle - das sind keine altertümlichen oder naiven Vorstellungen, sondern das ist Wirklichkeit.  Himmel und Hölle sind  Realitäten.  Und darum ist dieses Gleichnis auch so ernst! Weil es uns warnen will, dass wir einfach so zur gewohnten Tagesordnung übergehen.  Dem reichen Mann wird schlagartig klar, dass sein Leben trotz allen Reichtums ein einziger, großer Irrweg war. Aber es ist für ihn zu spät. Er ist in der Hölle. Und das ist sicher kein großer Grill, an dem die Menschen über glühender Kohle gedreht werden. Die Hölle ist, Gott in der Herrlichkeit sehen zu können, aber nicht zu ihm zu dürfen.  Die Hölle ist,  als Verdurstender die frische Quelle zu sehen,  aber nicht trinken zu können.   Die Hölle ist:  erkennen, wie sinnlos das ganze Leben gewesen ist und daran nun nichts mehr ändern zu können. Das ist die Hölle!   Und das ist dem reichen Mann plötzlich erschreckend klar. Aber für ihn ist es zu spät.  Und nun fängt er auf einmal an, sozial zu denken, an andere zu denken. An seine fünf Brüder. Die leben noch genauso, wie er gelebt hat. So auf sich selbst bezogen. Wenigstens sie sollen gewarnt werden. Damit sie nicht auch
in die Hölle kommen, sondern in den Himmel. Und dabei will er ihnen helfen.  Aber dieser reiche, arme Mann kann seinen Brüdern auf dem Weg zum Himmel nicht mehr helfen. "Sie haben doch Gottes Wort", heißt es. "Darauf können sie doch hören!"   Für den Reichen ist keine Weichenstellung mehr möglich – weder für sich noch für seine Angehörigen.  Aber für seine Brüder ist es ja noch nicht zu spät - sie haben ja noch die Möglichkeit, auf Gottes Wort zu hören. Darum erzählt Jesus dieses Gleichnis.   Für uns ist es noch nicht zu spät. Wir können uns gegenseitig Wegweiser sein auf den, der das Leben gibt, das ewige Leben.  Auf Ihn, auf Jesus Christus, sind wir angewiesen, wenn wir dieses ewige Leben haben wollen, wenn wir in den Himmel kommen wollen!  Ohne Ihn können wir vor Gottes Heiligkeit nicht bestehen. Denn das müssen wir alle uns hinter die Ohren schreiben – alle, auch die
frömmsten: wir haben Gott nichts zu bieten! Wir können noch so viele Pluspunkte in unserem Leben gesammelt haben durch gutes, anständiges Leben oder dass wir uns für andere eingesetzt haben oder dass wir viele christliche Lieder auswendig können – wir kriegen trotzdem unser Punktekonto nicht so voll, wie Gott das erwarten kann. Und darum sind wir ohne Ausnahme arm dran, wenn wir einmal vor Ihm stehen.    Wir wären arm dran, wenn nicht Jesus  für uns eintritt. Und dass er das tut, das hat er uns versprochen! Dafür ist er gestorben.  Dafür hat Gott ihn von den Toten auferweckt. Und er spricht: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, denn durch mich!"   Dass wir Ihm folgen – und offene Augen haben und helfende Hände für den Lazarus vor unserer Tür, darauf kommt es an!  Und wenn wir dann einmal abtreten müssen, dann muss er
zusehen, wie er es dann mit uns macht. Aber da sind wir in guten Händen.  Amen.

 
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