Predigten Februar - Ev.-luth. Christus-Gemeinde Spetzerfehn

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Predigten Februar

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ZUR AUDIOPREDIGT

Lukas 10, 38-42; Estomihi; 26.02.2017

Liebe Gemeinde, in den meisten Stammbüchern gibt es so’ne Liste mit der Bedeutung von Vornamen. Das finde ich ganz interessant. Auf der Kanzel steht heute ein ‚Krieger‘ oder ‚Kämpfer‘ – das bedeutet der Name ‚Hermann‘ nämlich. Aber ob man mit einem wie mir ’n Krieg gewinnen kann, weiß ich nicht so.  Getauft haben wir heute Gretchen und Bennet. ‚Gretchen‘  kommt über –zig Ecken von einem persischen Wort und bedeutet soviel wie ‚Kind des Lichts‘. Und ‚Bennet‘ kommt über einige Ecken aus dem lateinischen Namen ‚Benedict‘ und bedeutet ‚der Gesegnete‘.   In der Predigt kommen heute ‚Maria‘ und ‚Marta‘ vor. Maria kann man von einem Wort herleiten, das ‚geliebt‘ bedeutet, während Marta mit ‚Herrin, Gebieterin‘ zu übersetzen ist. Behalten wir die Bedeutungen der beiden Namen im Hinterkopf, wenn wir den heutigen Text hören, Lk 10,38-42:

Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf.  Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf. Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu.  Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihnen zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!  Jesus aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.

Diese Begegnung will ich noch eem zweimal erzählen - einmal aus der Sicht der geliebten Maria und dann aus der Sicht der Gebieterin Marta: Marta erzählt: „Ich hörte es schon von draußen: Jesus kommt auf unser Haus zu!  Oh, er kommt gerne zu uns ... Er soll es auch
heute wieder gut haben ... Er ist bestimmt müde ... Sicher hat er Hunger ... Es gibt doch nichts Schöneres, als für Jesus zu sorgen... Wo bleibt denn nur Maria?  Was ist denn mit der los? ... Die sitzt da und tut überhaupt nichts ... Das geht doch nicht!“

Und Maria erzählt: „Ich hörte es schon von draußen: Jesus kommt auf unser Haus zu!
Ob er lange bei uns bleibt? ... Wenn er erzählt, verfliegen die Stunden wie im Flug. .. Heute will ich jedes Wort mitkriegen ... Wie gut, dass Jesus mich nicht wegschickt ... Ich will selbst nichts reden, ich will nur zuhören ...  Hm, Marta schaut mich so böse an ... Aber sie darf mir doch jetzt das Zuhören nicht verbieten ... Jetzt kommt sie rein ... Sie beschwert sich bei Jesus über mich ... "

Es gibt Menschen, denen fällt zuhören leicht und es gibt welche, denen fällt arbeiten leicht.
Das sehen wir schon daran, dass es manchen schwer fällt, bei Veranstaltungen ruhig zu sein, ist manchmal in der Kirche auch so. Aber wie heute in der Kirche  war es damals bei dem Besuch von Jesus dran, ruhig zu werden und zuzuhören. Aber gleichzeitig war es dran, ihn und seine Jünger zu bewirten – das gehörte sich einfach! Und so ist das bis heute in der christlichen Gemeinde: auf der einen Seite tut es gut, einfach mal zu hören und Gottes Wort auf sich wirken zu lassen oder auf schöne Musik oder ein Lied des Chores zu hören.   Andererseits muss aber auch so einiges bewerkstelligt werden – würden einige Leute heute z.B. nicht ganz praktisch angepackt haben, dann hätten wir keinen Blumenschmuck, die Orgel würde schweigen, der Chor nicht singen, es wäre kein Taufwasser bereit gewesen, nachher würde es keinen Kaffee geben und so weiter und so weiter.  Beides ist also nötig – so wie bei Maria und Marta auch, als Jesus mit seinen Jüngern bei ihnen auftaucht. Das ist immerhin ein Trupp von 13 Mann – da kann man schon in Schweiß kommen. Dass da angepackt werden muss, ist klar. Aber die Frage ist: was ist das richtige Gleichgewicht zwischen hören und tun?  Es geht ja nicht darum, entweder nur auf Gottes Wort zu hören oder nur für Ihn zu arbeiten! Wenn ich z.B. darauf verzichte, die Bibel zu lesen oder zu beten oder einen Gottesdienst auf mich wirken zu lassen, dann ist das so ähnlich, als wenn ich beim Thermomix den Stecker ziehe: kein Strom – keine Kraft!  Nicht mehr mit Gott in Verbindung zu sein, das ist so, wie einen Stecker rausziehen – die Kraft, die von Ihm ausgeht, kann mich nicht mehr erreichen. Aus die Maus!  Aber umgekehrt wird auch ein Schuh draus: wenn ich pausenlos auf Gottes Wort höre, zuerst in der Kirche, dann vielleicht zu Hause noch einige CD’s mit Anbetungsliedern abspiele und konzentriert zuhöre und danach in einem Andachtsbuch lese – dann muss ich mich nicht wundern, wenn die Küche kalt bleibt!  Dann kann ich die tollste Küchenmaschine haben und das Ding ist auch eingestöpselt – aber wenn ich sie nicht in Gang schmeiße, dann gibt’s nichts auf’n Teller.
Ich glaube, ihr wisst wohl, wie ich das meine: es kommt auf das richtige Verhältnis zwischen beidem an!  Wir sollen Gottes Wort hören und tun.  Wir dürfen uns weder von der Gebieterin Marta von der Begegnung mit Jesus abhalten lassen, noch von der geliebten Maria einreden lassen, es reiche, nur auf Jesus zu hören.

Das ganze hängt auch mit dem Selbstwertgefühl der beiden Frauen zusammen. Marta fühlt sich am wohlsten und wertgeschätzt, wenn sie etwas in den Händen hat und arbeiten kann. Und darum tut es uns vielleicht ganz gut,  wenn wir uns mal die Frage stellen: woher bekommen wir unser Selbstwertgefühl? Ich will das mit drei Gegensatzpaaren deutlich machen. Die erste Frage dazu:

Woher bekommen wir unser Selbstwertgefühl: dadurch, was wir arbeiten können, oder dass wir geliebt sind?  Marta lebt von dem, was sie alles schaffen und auf die Beine stellen kann. Und wenn ein Mensch so ein Marta-Typ ist, wenn er leistungsfähig ist, dann ist das doch auch echt ein Segen!  Aber die Kehrseite der Medaille ist: wer immer mit viel Kraft und Ausdauer echt viel an Arbeit weghaut, der kann ganz leicht dahin kommen, dass er gar nicht mehr ohne kann! Das, was er alles schafft, das ist dann letztlich das, wovon er lebt,  was ihn am Laufen hält.  Es gibt Tage, an denen das reicht und OK ist, aber es gibt auch Tage, wie Marta das jetzt gerade erlebt: da reißt der Geduldsfaden und man hat keinen Bock mehr, immer alles zu machen!  Oder wenn man z.B. von einer Krankheit aus der Bahn geworfen wird – dann hat man als Marta-Typ echt Mühe damit, dass man das annehmen und damit zurechtkommen kann. Es ist, als ob das Leben auf einmal keinen richtigen Sinn mehr hat.  Das ist die Folge der ‚Herrin‘ oder ‚Gebieterin‘ Marta – das, was wir immer gut geschafft ha-
ben, macht uns dann, wenn wir es nicht mehr können, fertig!

Maria tickt anders – sie lebt von dem, was Gott in sie hinein gelegt hat, sie kennt ihre Grenzen und Bedürfnisse und heute braucht sie es, dass sie einfach bei Jesus sitzt und ihm in Ruhe zuhört. Sie nimmt seine Worte auf, so wie ein Tank den Sprit, um dann wieder ans Werk zu gehen. Sie lässt sich von der Liebe Gottes und den Worten von Jesus füllen, um dann mit frischer Kraft an die Arbeit gehen zu können. Bei ihr ist es im Prinzip umgekehrt wie bei ihrer Schwester, sie weiß: Ich bin geliebt, darum kann ich für Gott arbeiten.

Eine zweite Frage: Woher bekommen wir unser Selbstwertgefühl: durch das, was wir haben oder durch das, was wir sind? Wenn wir von dem leben, was wir haben, werden wir nie unser Ziel erreichen. Es gibt immer eine neueres Smartphone, ein neueres Auto, einen neuen Partner. Die  Dinge, die wir haben, können uns nie die letzte Zufriedenheit geben.  Aber wenn wir von dem leben, was wir vor Gott sind, dann haben wir es viel leichter, dass wir unsere innere Ruhe finden. Wir können uns an dem freuen, was wir haben, aber wir brauchen es nicht mehr unbedingt dazu, dass wir einen Sinn in unserem Leben sehen können.  Ich bin etwas vor Gott wert und von da aus gebrauche ich die Dinge, die ich habe.

Dritte Frage: Woher bekommen wir unser Selbstwertgefühl: durch die Dinge, die wir festhalten  oder durch die Dinge, die wir teilen? Wenn wir unsere Zeit für uns behalten, dann werden wir über kurz oder lang einsam werden.  Wenn wir Liebe für uns behalten, werden wir irgendwann egoistisch und stellen uns selbst in den Mittelpunkt. Und wenn wir unseren Besitz für uns behalten, dann haben wir zwar Geld, aber die Frage ist: trägt mich das? Auch in den Phasen, die anstrengend sind. Und: trägt mich das auch dann, wenn ich hier mal alles zurücklassen muss?  Menschen, die nicht krampfhaft festhalten, merken immer wieder: dadurch, dass ich abgebe, kriege ich mehr zurück! Mich beeindruckt das immer total,
was einige Frauen aus unserem Raumpflegeteam erzählen: sie geben von ihrer Zeit und von ihrer Kraft etwas ab – aber sie haben dadurch eine Gruppe gefunden, die ihnen einfach nur gut tut!  Und so ist es mit vielen Dingen – wenn wir uns trauen, sie zu teilen, haben wir nicht weniger, sondern mehr! Logisch ist das nicht, das ist eher theo-logisch, das ist Gottes Logik.

Maria und Marta. Wo setze ich meinen Schwerpunkt? Vielleicht kann eine kleine Geschichte uns einen Gedankenanstoß geben – sie handelt auch von Maria und Marta, aber diesmal sind das zwei Eidechsen, sie leben in einem Weinberg. Maria lag den Tag über auf der Mau-
er und badete in der Sonne. Marta verbrachte die meiste Zeit damit, Insekten zu suchen für sich und ihre Kinder. Wenn sie Maria auf der Mauer liegen sah, ärgerte sie sich: "Wie du die Zeit verplemperst! Wenn du eine anständige Eidechse wärst, würdest du dich mal um das Wohl deiner Kinder kümmern. Was machst du denn den ganzen Tag da oben?" Maria blinzelte und sagte: "Ich tanke Energie. Da tue ich doch etwas für meine Kinder."   "Das sehe ich anders", knurrte Marta. "Und eines Tages wird dich noch der Bussard holen."  "Das bleibt abzuwarten", meinte Maria und räkelte sich in der Sonne.  Marta zog es vor, nach Beute zu suchen. Sie verbrachte viel Zeit damit, den Ameisen nachzujagen. Sie wirkte oft müde. Ihr Leben wurde zunehmend bedroht: Sie hatte der Flinkheit der Katzen und Wiesel nichts mehr entgegenzusetzen.   Marias Kinder wurden stark und schnell, ganz wie sie selbst. Sie fingen bald die dicksten Spinnen, die schnellsten Laufkäfer und große Libellen. Aber am liebsten lagen sie mit ihrer Mutter auf der Mauer und räkelten sich im Sonnenschein.

"Eins aber ist not", sagt Jesus zu Marta. Wir können auch sagen: "Marta, statt dich um so viele Dinge zu kümmern und zu sorgen, hättest du die Gäste etwas weniger üppig bewirten und dich dann ruhig zu deiner Schwester zu Jesus setzen können und dich von der Sonne seiner Botschaft wärmen lassen. Und du, Maria, hättest deiner Schwester dabei wohl eem helfen können!“   Was ist das "gute Teil"?  Dass wir einen ganz großen inneren Wert haben, das hat Gott in uns so hineingelegt! Und dieser Wert ist nicht abhängig von dem, was ich leisten und tun kann! Und dass wir bei Gott gut angeschrieben sind, das können wir selber sowieso nicht hinkriegen – das können wir nur annehmen.  Gott hat für uns das gute Teil bereitgelegt. Wenn ich mir wie Marta Jesu Liebe verdienen möchte, dann wird es falsch. Wenn ich mir wie Maria Jesu Liebe schenken lasse, und aus dieser Liebe handle, dann habe ich begriffen, auf was es ankommt. Anpacken muss ich dann aber auch irgendwann – sonst werde ich ungerecht gegenüber denen, die es dann für mich mitmachen müssen. Darum ist es gut so, wie ihr euch heute entschieden habt: jetzt sitzt ihr sozusagen zu Jesu Füßen! Hört auf Sein Wort! Wenn ihr betet, redet ihr mit ihm! Genießt diese Zeit! Und dann – dann packt in der neuen Woche das an, was anliegt. Nicht, um euch euern Sinn damit zu verdienen und nicht, um Gott damit zu gefallen – beides ist völlig unnötig!
Und wenn ihr in der neuen Woche mal spürt: Jetzt brauch ich eem zehn Minuten für mich, oder: jetzt muss ich eem in Ruhe mit Gott reden, oder: jetzt brauche ich eem ein gutes
Wort von Ihm – dann legt getrost die Arbeit, die ihr dann gerade tut, aus der Hand. Gönnt euch dann die Begegnung mit Ihm – und dann könnt ihr mit neuer Kraft weiter! Amen.


Eine schriftliche Version der heutigen Predigt liegt uns nicht vor. Wir wünschen viel Spaß bei der Audioversion.

Eine schriftliche Version der heutigen Predigt liegt uns leier nicht vor. Wir wünschen viel Spaß mit der Audioversion.

    
Predigt über Matthäus 17, 1-9; Letzter Sonntag nach Epiphanias; 05.02.2017

Liebe Gemeinde, manchmal tut es gut, wenn man sich etwas gönnt, das über das Normale hinausgeht. Vielleicht sich mal nicht zu Hause das Brötchen selber schmieren, sondern in einem Café frühstücken gehen, oder eem’n Wochenende wegfahren. Andere genießen es, wenn sie sich endlich wieder so richtig im Garten austoben können. Und wieder andere kuscheln sich gemütlich mit einem Buch ins Sofa und vergessen die Welt um sich herum.
Egal wie: dass wir mal etwas erleben, was über das Normale hinausgeht, das tut gut. Daran musste ich denken, als ich den Bibelabschnitt las, den ich für heute gewählt habe. Ich lese aus Mt 17, 1-9:  Sechs Tage später nahm Jesus die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder von Jakobus, mit sich und führte sie auf einen hohen Berg. Sonst war niemand bei ihnen. Vor den Augen der Jünger ging mit Jesus eine Verwandlung vor sich: Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden strahlend weiß.  Und dann sahen sie auf einmal Mose und Elija bei Jesus stehen und mit ihm reden.  Da sagte Petrus zu Jesus: „Wie gut, dass wir hier sind, Herr! Wenn du willst, schlage ich hier drei Zelte auf, eins für dich, eins für Mose und eins für Elija.“    Während er noch redete, erschien eine leuchtende Wolke über ihnen, und eine Stimme aus der Wolke sagte: „Dies ist mein Sohn, ihm gilt meine Liebe, ihn habe ich erwählt. Auf ihn sollt ihr hören!“

Das, was Petrus, Jakobus und Johannes hier erleben, das ist auch so etwas, das über das Normale weit hinausgeht. Jesus hat die drei ausgewählt und nimmt er sie mit auf einen hohen Berg. Und allein dadurch steigt die Spannung bei Petrus, Jakobus und Johannes.  
Sie wissen: schon mehrfach haben sich bedeutende Ereignisse in ihrem Volk Israel auf Bergen ereignet: Mose empfing auf dem Berg Sinai die Gebote und Elia erlebte auf dem Berg Karmel eindrucksvoll, wie mächtig Gott ist. Und darum sind Jakobus und Petrus und Johannes jetzt auch unheimlich gespannt darauf, was sie da oben nun wohl erwartet. Petrus besonders. Denn es ist jetzt sechs Tage her, seitdem er etwas mit Jesus erlebt hat, woran er immer noch zu knabbern hat. Dabei war alles so gut angefangen: Jesus hatte ihn und die anderen Jünger gefragt: Sagt mal – für wen halten mich die Leute eigentlich? Und dann hatte er nachgehakt: Für wen haltet ihr mich? Und Petrus hatte für sie alle geantwortet: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“  Total überzeugt kam das raus – und Jesus klopfte ihm sozusagen auf die Schulter und sagte: „Du, Petrus, bist der Fels! Stark genug, damit ich meine Gemeinde auf dir baue!“   Wie gut fühlte Petrus sich! Wie gut fühlen wir uns, wenn uns jemand sagt, dass er uns etwas Wichtiges zutraut! Zu uns sagt: du kannst das! Und darum fühlte Petrus sich jetzt auch so richtig gut und stark!  Aber ausgerechnet jetzt fing Jesus an, dass er sagte: „Ich werde nicht mehr lange bei euch sein! Ich werde verraten werden und ich werde leiden müssen und ich werde sterben!“  Das war für die Jünger wie eine kalte Dusche und darum nahm Petrus  Jesus beiseite und sagte zu ihm: „Das soll nicht so kommen, so etwas schlimmes soll nicht mit dir passieren!“ Und da hatte Jesus sich umgedreht und ihn angefaucht: „Geh weg von mir, Satan! Ich ärgere mich über dich! Du hast nicht das im Sinn, was Gott möchte, sondern du willst mich daran hindern, meinen Auftrag zu erfüllen!“  Und das war nun wie eine Ohrfeige für Petrus gewesen – erst zeichnete Jesus ihn aus und dann stieß er ihn von sich und fand so böse Worte für ihn. Und nun hatte Petrus Angst, dass er es mit Jesus verdorben hat.  Und darum freut er sich jetzt umso mehr, dass er zu den drei Jüngern gehört, die Jesus mit auf diesen Berg nimmt.

Und das, was sie da erleben, das hatte es noch nie gegeben: Jesus verklärt sich. Wörtlich steht an der Stelle: Jesus wird umgestaltet. Sieht jetzt so aus, wie er aussehen wird, wenn er als der Weltenrichter wiederkommen wird.  Die drei Jünger sehen jetzt schon für einen Moment das, was wir erst sehen werden, wenn wir bei Jesus im Himmel sind. Es ist, als würde Gott für einen Augenblick den Vorhang lüften, der unsere Welt von seiner Welt trennt. Und sie sehen, wie plötzlich Mose und Elia bei Jesus stehen und mit ihm reden. Und sie erkennen daran: all das, was das Alte Testament über Gott sagt, das ist in Jesus jetzt da!

Die Art und Weise, wie diese drei Jünger das erlebt haben, die ist unvergleichlich. Aber dass Menschen erlebt haben, dass Gott ihnen ganz nahe schien, das ist gar nicht so selten. Momente, in denen die Größe Gottes aus dem Verborgenen heraustritt und in denen wir uns fühlen wie auf so einem Berggipfel. Jemand sagte mir, dass er das so empfunden habe,
als er sein Neugeborenes auf dem Arm hatte.  Jemand anders erzählt, dass sie so empfunden hat, als es ihr klar geworden ist, was sich in der zweiten Lebenshälfte verändern soll. Lange hatte sie darüber nachgedacht – und nun war ihr klar geworden, dass sie sich beruflich nochmal verändern wollte. Jetzt endlich das zu machen, wozu früher die Möglichkeit nicht da war.  Und ein dritter empfand die Nähe Gottes besonders in dem Augenblick, in dem er eine schwierige Operation überstanden hatte und der Arzt sagte: Es ist alles gut gegangen! Momente sind das, in denen wir uns so fühlen wie auf einem Berggipfel und in denen Gott uns plötzlich ganz nahe scheint.  Begegnungen sind das, die einen Glanz auf unseren Alltag legen und sich abheben von unserem normalen Leben. Und gar nicht so selten erlebe ich es, dass Menschen sagen, dass auch ein Gottesdienst für sie ein so kostbarer Moment gewesen ist. Dass sie Mut gefasst oder Trost gefunden haben. Dass sie mit Gott das besprochen haben, wozu sie sonst gar nicht so kommen.  Momente besonderer Nähe zu Gott! Und wenn wir so etwas erleben, dann möchten wir das am liebsten festhalten.
So geht es den drei Jüngern dort oben auf dem Berg auch. Und darum schlägt Petrus vor: Lasst uns hier bleiben! Lasst uns doch’n paar Zelte aufschlagen: eines für Mose, eines für Elia, eines für Jesus.  Petrus möchte das, was er und die anderen hier jetzt erleben, festhalten. Aber er hat noch gar nicht ausgeredet, da passiert schon etwas Neues: Während er noch redet, „erschien eine leuchtende Wolke über ihnen, und eine Stimme aus der Wolke sagte: „Dies ist mein Sohn, ihm gilt meine Liebe, ihn habe ich erwählt. Auf ihn sollt ihr hören!“  Als die Jünger diese Worte hörten, warfen sie sich voller Angst nieder, das Gesicht zur Erde.“

Nun spricht Gott selbst und die drei spüren: wir haben vor Gott gar keinen Bestand! Wo Gott uns in den Weg tritt, da können wir das gar nicht aushalten. Seiner Größe sind wir gar nicht gewachsen! Die Klarheit, die von ihm ausgeht, diese Klarheit können wir gar nicht verkraften – dafür gibt es viel zu viel Unklarheit in unserem Leben. Der Kraft, die von Gott ausgeht, können wir uns gar nicht entgegenstellen, weil wir viel zu schwach sind.  Weil Petrus und Jakobus und Johannes das in diesem Augenblick blitzartig klar wird, werfen sie sich zu Boden. Und das ist letztlich die angemessene Haltung, wenn ein Mensch   Gott begegnet. Sie zeigt den großen Abstand, der letztlich zwischen Gott und uns ist. Der Abstand, den wir von uns aus nicht überbrücken können. In allen Religionen geht es darum, dass Menschen einen Weg finden möchten, diesen Abstand zwischen sich und Gott zu überwinden. Aber hier, wo Jesus dabei ist, da passiert etwas ganz anderes: hier kommt Jesus auf die drei Jünger zu und wir lesen: „Jesus trat zu ihnen, berührte sie und sagte: ‚Steht auf, habt keine Angst!‘“

Es kann unwahrscheinlich gut tun, wenn wir zwischendrin mal solche Augenblicke erleben, die sich von unserem normalen Alltagsleben abheben. Wo es uns vorkommt, als würde der Auferstandene uns persönlich die Hand auf die Schulter legen. Aber das ist nicht für immer gedacht. „Steht auf“, sagt Jesus, und dann: „Habt keine Angst!“  „Habt keine Angst!“ - diese Worte, die begleiten nicht nur die drei Jünger, als sie wieder in ihren Alltag gehen. Diese Worte gelten auch für uns. Wenn wir wieder in unseren Alltag gehen. Und der Alltag wird wieder ganz normal sein. Die überragenden Gottes-Begegnungen, die haben wir nicht jeden Tag und wir können sie nicht festhalten. Wir werden nicht immer auf den Höhepunkten unseres Glaubens sein. Bei den drei Jüngern war es ganz drastisch. Hier wurden sie von Jesus ausgewählt, mit ihm auf den Berg zu gehen und hier sahen sie etwas, was kein anderer gesehen hat. Nicht allzu lange danach wählt Jesus genau diese drei wieder aus. Als er im Garten Gethsemane Blut und Wasser schwitzt. Weil er Angst hat vor dem, was kommt. Und in diesem Garten, da bittet Jesus genau diese drei, dass sie mit ihm wachen sollen, damit er in seiner Angst nicht so alleine ist. Und sie schaffen es nicht. Ihnen fallen die Augen zu, während Jesus um sein Leben ringt. Von diesem Höhepunkt auf dem Berggipfel sind sie
ganz tief gesunken auf den absoluten Tiefpunkt im Garten Gethsemane. Jesus hat das gewusst, dass es so kommen würde. Und dass das bei uns auch so sein kann. Heute tut dir vielleicht der Gottesdienst so gut – und schon morgen plagt dich vielleicht der Zweifel!
Heute fühlst du dich so eng mit Gott verbunden – und vielleicht schon morgen auf der Arbeit oder zu Hause schnauzt du einen an – frag nicht nach Sonnenschein wie.  Schön ist das nicht – aber es ist auch kein Grund, zu verzweifeln! Jesus kennt seine Pappenheimer durch und durch – damals wie heute.  Und trotzdem „trat er zu ihnen, berührte sie und sagte: ‚Steht auf, habt keine Angst!‘“ Dass wir aufstehen und ohne Angst weitergehen, dazu will Jesus uns bringen. Von Zeit zu Zeit werden wir Momente erleben, die erhebend sind. Und solche Momente, die werden uns gut tun. So gut, dass wir sie am liebsten festhalten würden. Aber das geht nicht. Aber der Auferstandene, der wird dafür sorgen, dass wir dann auch die Wege gehen können, die dann wieder vor uns liegen. Heute sagt er zu dir: Steh auf, geh deinen Weg, hab keine Angst! Amen.

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