Predigten Juli - Ev.-luth. Christus-Gemeinde Spetzerfehn

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Predigten Juli

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Predigt über Philipper 3, 7-11; 9. Sonntag nach Trinitatis; 29.07.2018

 
Liebe Gemeinde, es gibt so Tage, da ziehen wir Bilanz. Der runde Geburtstag ist so eine Gelegenheit oder auch ein besonderer Hochzeitstag. Da blickt man zurück und überlegt: wie waren die vergangenen Jahre? Was ist gelungen? Was ist nicht gelungen? Welche Ziele habe ich erreicht -  und welche noch nicht? Der Predigttext für heute führt uns auch in so eine Bilanz hinein - es ist die vorläufige Lebensbilanz des Apostels Paulus. Hören wir seine Worte:  „Alles, was mir früher als großer Vorzug erschien, habe ich durch Christus als Nachteil und Schaden erkannt. Ich betrachte überhaupt alles andere als Verlust im Vergleich mit dem überwältigenden Gewinn, dass ich Jesus Christus als meinen Herrn kenne. Durch ihn hat für mich alles andere seinen Wert verloren, ja, ich halte es für bloßen Dreck. Nur
noch Christus besitzt für mich einen Wert. Zu ihm möchte ich um jeden Preis gehören. Deshalb will ich nicht mehr durch mein eigenes Tun vor Gott als gerecht bestehen. Ich suche nicht meine eigene Gerechtigkeit, die aus der Befolgung des Gesetzes kommt, sondern die Gerechtigkeit, die von Gott kommt und denen geschenkt wird, die glauben. ...“  

 
Paulus zieht Bilanz. Und er findet harte Worte: „Dreck war mein Leben, Mist.“ Und Paulus stellt fest: das, worauf ich früher wahnsinnig stolz war, das ist mir jetzt überhaupt nicht mehr wichtig. Etwas anderes ist für mich viel wichtiger geworden! Und nun lasst uns mal kucken: was bringt ihn zu diesem harten Urteil über sein bisheriges Leben? Er hat ja im Grunde genommen ein Bilderbuch-Leben geführt und einen Lebenslauf vorzuweisen, der gar nicht solider sein könnte: Er kommt aus bester Familie und seine Eltern haben ihm eine exzellente Ausbildung ermöglicht - das Beste, was es damals gab. Paulus wusste, was sich gehört und er führte ein grundanständiges Leben. Er war aufgestiegen in eine der Schichten, die hohes Ansehen genoss. Er beeinflusste das gesellschaftliche Leben ganz entscheidend mit und er setzte sich mit ganzer Kraft für seine Aufgaben ein. Er machte es sich nicht leicht und verlangte nichts von anderen, was er nicht selber auch geben wollte - und darum nahm er es mit den religiösen Vorschriften und den Geboten mehr als genau. Seine Leistungsbereitschaft war vorbildlich. Er gönnte sich keine Ruhe und ließ sich selber nichts durchgehen.

 
Wenn ich mir diesen Paulus so vorstelle, dann muss ich an Menschen denken, die sich auch immer ganz viel Mühe machen. Sie sind immer zu Gange und nichts wird ihnen zu viel - auf der Arbeit oder im Haushalt, oft in beidem. Und wenn die eigentliche Arbeit vorbei ist, geht es in den Garten oder das Handarbeitszeug wird hervorgeholt oder die Fenster werden noch schön dekoriert. Vielleicht machen sie auch mit beim Arbeitseinsatz in ihrem Verein, ringen auf einer Parteiversammlung oder Ratssitzung um nötige Beschlüsse oder engagieren sich als Elternvertreter in der Schule.  Wenn andere mal halblang machen und ganz relaxt mit der Angel am Kanal sitzen - da legen sie noch mal so richtig los und gönnen sich keine Ruhe.
Und ich will es einmal ganz deutlich sagen: dass Einzelne sich so einsetzen, davon profitieren wir alle!  Wenn alle nur noch das machen würden, was sie unbedingt müssen - dann wären wir arm dran. Dann würde in mancher Familie wohl Essen und Trinken auf den Tisch kommen, aber es wäre nicht so schön gemütlich - weil das nämlich mit zusätzlicher Arbeit verbunden ist, das Haus, die einzelnen Räume liebevoll zu gestalten. Wenn einzelne Menschen sich nicht über das normale Maß einsetzen würden für ihren Verein, in ihrer Par-tei oder in der Feuerwehr - dann würden viele Dinge gar nicht möglich sein. Dann hätten wir auf Spetz kein Dorfgemeinschaftshaus und wir würden nicht Jahr für Jahr das Feuerwehrfest feiern und unsere Friedhöfe wären nicht in einem so guten, würdigen Zustand!
Und wenn wir hier in unserer Gemeinde nicht Menschen hätten, die nicht auf die Stunden kucken und die nicht danach fragen, ob sie bei der Arbeit in Schweiß kommen - dann müssten die Kirchenvorsteher Tische und Stühle selber schleppen, den Rasen selber mähen oder die Kirche zwei Mal die Woche selber putzen.  Keine Frage und kein Zweifel: wir alle profitieren davon, dass einzelne Menschen sich mehr als andere ein-setzen, sich tüchtig ins Zeug legen und auch dann noch etwas tun, wenn andere sich Ruhe gönnen.  Oft sind das Menschen, die von ihrem Typ her so veranlagt sind. Sie fühlen sich wohl, wenn sie etwas machen können. Sie haben ihre Freude daran und empfinden das dann gar nicht so richtig als Arbeit, die sie belastet. Viel mehr würde es sie belasten, wenn sie mit Gewalt einen Gang zurückschalten müssten. Und wenn solche Menschen, die sich am wohlsten fühlen, wenn sie auf vollen Touren laufen, wenn solche Menschen das dann noch für andere einsetzen, dann ist das oft ein echter Segen, für den wir nur dankbar sein können!  Und so hat auch Paulus in seinem bisherigen Leben viel getan, wovon andere profitiert haben, was ihr Leben bereichert hat und was das Miteinander vorangebracht hat. Und diese Dinge an sich sind auch nicht der Grund, dass er diese Seite seines Lebens jetzt so hart beurteilt: alles Mist gewesen!  Es ist etwas anderes - Paulus ist klar geworden: manchmal steckt hinter unserem ganzen Fleiß noch etwas anderes dahinter als nur, dass wir vom Typ her so sind oder dass wir unsere Freude daran haben. Manchmal steckt die Angst dahinter, dass wir sonst nicht anerkannt werden! Dass wir sonst nicht geliebt werden! Dass wir sonst nichts wert sind! Dass wir nicht geachtet werden, wenn wir nicht so viel tun.  Und manche haben genau das seit ihrer frühesten Kindheit vermittelt bekommen: nur wenn ich etwas Bestimmtes tue, bin ich ein liebes Kind! Nur wenn ich mich so verhalte, wie meine Eltern das wollen, bin ich „lieb“. Wenn man tüchtig mitgeholfen hat, dann wurde man gelobt und dann bekam man Anerkennung. Oder wenn es Zeugnisse gab: für die ‚1‘ in ‚Deutsch‘ bekam ich 5 Mark, obwohl ich für ‚Deutsch‘ nie was tun musste. Aber für die ‚4‘ in Mathe gab‘s nichts, obwohl ich mich dafür echt angestrengt hatte.  So hat mancher es immer und immer wieder erlebt und oft genug durchlitten: Anerkennung kriegst du nur, wenn du bestimmte Dinge tust oder besonders gut tust. Und diese Saat ist aufgegangen - und die Angst sitzt ganz tief: wenn ich etwas nicht tue, wenn ich etwas nicht schaffe, dann verliere ich die Anerkennung, dann werde ich nicht mehr so gemocht, dann verliere ich etwas von meinem Wert!  Ich habe das bei mir selber festgestellt: in meinem Kalender mache ich für jeden Besuch, den ich mache, einen kleinen Strich; und auch für jede Sitzung usw. Und einmal sprach mich jemand vom KV darauf an, dass jemand Bestimmtes schon lange auf meinen Besuch warten würde und sich schon beklagt hätte, dass ich gar nicht komme. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen und ich merkte: ich habe Angst, dass dieser Mensch und der  Kirchenvorstand von mir enttäuscht ist und dass ich womöglich nicht mehr anerkannt werde. Und ohne darüber nachzudenken habe ich dann meinen Kalender genommen und dem KV stolz erzählt, wie viele Besuche ich in dem Jahr schon gemacht hatte.  Versteht ihr, liebe Gemeinde: da war die Angst, dass ich versage, dass ich etwas schuldig bleibe und darum An-erkennung verliere - und dann habe ich versucht, mit meiner Strichliste das auszugleichen und aufzuwiegen.
Nur wer viel leistet, wird auch geliebt, anerkannt. Und dieses ‚immer-mehr-machen-müssen‘ - das gibt es auch im Bereich des Glaubens, Gott gegenüber!  Dass Menschen für Gott und seine Gemeinde besonders viel tun und leisten, weil sie von Ihm anerkannt werden möchten; weil sie Seine Liebe nicht verlieren möchten; weil sie von Gott geachtet und geliebt werden wollen. Und manche haben auch das in ihrer Kindheit und Jugend eingetrichtert bekommen: um Gott zu gefallen, musst du dies oder das tun; diese oder jene Lieder singen;
du musst bestimmte Worte benutzen, wenn du betest, und du darfst nur eine bestimmte Frisur tragen und du darfst nicht tanzen gehen und dich nicht an fröhlicher Musik erfreuen und ‚Kino‘ geht auch nicht!  Nur dann lebst du so, dass Gott dich mag!  Und ich merke in der Seelsorge immer wieder, wie tief das bei manchen sitzt und wie Menschen ein ganzes Leben darunter leiden und seelisch kaputt gehen. Und das ist genau der Punkt, worum es bei Paulus jetzt geht! Er hat genau so gelebt! Er hat genau so geglaubt: nur wenn du dies oder das tust, nur wenn du optimale Leistung bringst - nur dann bekommst du Anerkennung von Gott und nur dann kannst du gewiss sein, dass Er dich lieb hat. Und danach hat Paulus sein ganzes Leben ausgerichtet; dafür hat er sich selber gequält, und dafür hat er dann später alle Menschen bis aufs Blut verfolgt, die sich anders verhielten. Weil sie von Jesus gehört hatten. Und er, Paulus, hatte ja wirklich eine wahnsinnig gute und beeindruckende Lebensbilanz vorzuweisen! Er war ja wer - und Gott konnte ja gar nicht anders, als ihm Anerkennung und Liebe zu geben! Anders gesagt: durch seine anständige und ehrliche und überzeugte Art zu leben und zu glauben hatte er doch genug Punkte vorzuweisen!  Und dann - dann trat Jesus selbst ihm in den Weg, als er unterwegs nach Damaskus war. Und Paulus merkt schlagartig: dadurch bricht das Kartenhaus seines ganzen bisherigen Lebens zusammen!  Die Begegnung mit Christus macht ihm klar: die ständige Suche nach Anerkennung, die Jagd nach Selbstbestätigung ist überflüssig! Gott sieht uns und erkennt uns als seine Kinder an - wir müssen es uns nicht immer selber beweisen, uns vergewissern, es anderen zeigen, was wir wert sind. Wir sind geliebt, sind anerkannt, gelten etwas bei Gott! Bisher war es für Paulus ganz klar: ich muss mir die Anerkennung bei Gott erarbeiten. Und Jesus macht ihm jetzt klar: Gott hat dich schon ganz lange im Blick! Er hat sich schon für dich entschieden, noch bevor du überhaupt nach ihm fragen konntest!  Und Gott liebt dich nicht, weil du besonders viel tust; er liebt dich nicht, weil du besonders viel arbeitest; er liebt dich nicht, weil du dich für seine Gemeinde besonders engagiert einsetzt! Nein - Gott liebt dich um deiner selbst willen! Nicht, weil du so viel tust - sondern weil Er so viel für dich getan hat! Durch Jesus. Und nichts und niemand hindert ihn daran, dass er sich zu dir hingezogen fühlt und dass er deine Nähe sucht! Du bist wer bei ihm, du bist gut angeschrieben bei Gott!  Und das möchte ich denen so gerne mitgeben heute, die das in sich spüren: ich arbeite nicht nur mehr als andere, weil es mir Freude macht, sondern auch darum, weil ich sonst um meine Anerkennung und um meinen Wert fürchte:  Du brauchst es dir nicht verdienen, dass du anerkannt bist!  Gott ist stolz darauf, dass er dich so gut hingekriegt hat! Gott ist begeistert von dir! Er hat seine Freude an dir!
In den letzten Tagen hab ich mich zwischendrin einfach mal auf unserer Terrasse gesetzt und hab die Sonne genossen. Und ich habe gemerkt: das tut mir gut! Die warme Sonne, ihr Glanz, ihre Kraft - sie haben mich angerührt und mir gut getan.  „Gott ist begeistert von dir!“ Ich wünschte, dass dir diese Worte nicht mehr aus dem Sinn gehen, und dass sie für dich wie so eine warme, glänzende Sonne werden. Und dass du dich darin sonnen kannst und frei wirst von dem Druck, nun gleich wieder etwas tun zu müssen! Paulus hat das kapiert - und diese Erkenntnis möchte er um nichts auf der Welt wieder eintauschen. Und darum sagt er: Jesus Christus, meinen Herrn, erkannt zu haben, das ist mir unendlich viel wichtiger als alles andere! Und nun hast du wieder eine neue Woche vor dir. Du darfst es dir erlauben, es zwischendrin auch ruhig angehen zu lassen! Denn du bist ja nicht darauf angewiesen, dass du dir die Achtung und Anerkennung von Gott verdienen musst - die hast du ja schon! Und wenn andere Menschen dir die Anerkennung versagen, dann erinnere dich bitte daran: Gott ist von dir begeistert! Und nun tausche diesen Gedanken nicht wieder gegen die alten Gedanken, die dich erbarmungslos antreiben und hetzen! Und wenn du in dieser neuen Woche wieder mehr arbeitest als andere und wenn du dich wieder voll reinhängst - dann wünsche ich dir, dass du deine Freude daran behältst und dass du nicht über deine Grenzen gehst! Und dass du dir rechtzeitig warme Sonnenstrahlen gönnst - wenn es vom Wetter her geht, im Liegestuhl, aber auf jeden Fall die warmen Sonenstrahlen, die Gott dir mit seinem Wort heute schenkt. Amen!

 


  
1 Kor 1, 18-25; 8. Sonntag nach Trinitatis; 22.07.2018

 
Liebe Gemeinde, viele von euch wissen, dass ich bei bestimmten Gelegenheiten gerne das Kreuz mit einem Plus-Zeichen vergleiche. ‚Plus‘ – das ist was Positives!  Du kannst ruhig eine Summe von 100.000 Euro auf dem Kontoauszug stehen haben – die Zahl alleine sagt noch nichts davon aus, ob du ’ne Stange Geld oder ob du ziemlich viele Schulden hast. Es kommt darauf an, welches Vorzeichen vor der 100.000 steht – wenn da ein Minus-Zeichen steht, dann hast du ’nen Haufen Miese auf dem Konto, aber wenn da ein Plus-Zeichen steht, dann kommt dir das Geld zugute.  Und wenn ihr nun mal das Kreuz seht, so eines, wie z. B. hier vorne steht und wenn ihr davon nur das obere Teil seht und euch den Rest wegdenkt – dann ist das auch so wie ein Plus-Zeichen. Das Kreuz sagt uns: das, was Jesus dort am Kreuz erlitten und durchgestanden hat, das kommt uns, dir und mir, zugute! In diese Richtung geht das auch, was der Predigttext für heute im Sinn hat. Ich lese ihn uns erst eben vor,  1. Kor. 1, 18-25:

 
Dass Jesus Christus am Kreuz für uns starb, muss all denen, die verloren gehen, unsinnig erscheinen. Wir aber, die gerettet werden, erfahren gerade durch diese Botschaft vom Kreuz die ganze Macht Gottes.  Denn Gott spricht in der Heiligen Schrift: ‚Bei mir zählt nicht die Weisheit der Welt, nicht die Klugheit der Klugen. Ich werde sie verwerfen.‘
Was aber haben sie dann noch zu sagen, all diese Philosophen, die Kenner der heiligen Schriften, die redegewandten Leute dieser Welt? Hat Gott ihre Weisheiten nicht als Unsinn entlarvt?  Denn Gott in seiner Weisheit hat es den Menschen unmöglich gemacht, mit Hilfe ihrer eigenen Weisheit Gott zu erkennen. Stattdessen beschloss er, alle zu retten, die einer scheinbar so unsinnigen Botschaft glauben. Die Juden wollen Wunder sehen, und die Griechen suchen nach Weisheit. Wir aber sagen den Menschen, dass Christus am Kreuz für uns sterben musste, auch wenn das für die Juden eine Gotteslästerung ist und für die
Griechen blanker Unsinn. Und dennoch erfahren alle, die von Gott berufen sind - Juden wie Griechen -, dass sich gerade in diesem gekreuzigten Christus Gottes Kraft und Gottes Weisheit zeigen.  Was Gott getan hat, übersteigt alle menschliche Weisheit, auch wenn es unsinnig erscheint; und was bei ihm wie Schwäche aussieht, übertrifft alle menschliche Stärke.

 
Der Apostel Paulus schreibt eine Abhandlung über das, was das Kreuz bedeutet und wie es von unterschiedlichen Menschen bewertet wird. Dass er so eine Abhandlung schreibt, das war damals mehr als angebracht. Auf der einen Seite hatte er Menschen um sich, die so richtig was auf dem Kasten hatten und die Freude daran hatten, über Gott und die Welt zu philosophieren. Sie waren stolz auf ihre Weisheit, viele von ihnen hatten studiert, kannten sich mit dem aus, was die Welt zusammenhält. Und etliche waren auch dabei, die es sehr kritisch beäugten, dass es da eine neue religiöse Gruppe gab – die Christen. Und da hatten sie nun allerhand Fragen – aber das waren gar nicht in erster Linie Fragen, die sie weiterbringen sollten, sondern die waren wie Giftpfeile, mit denen sie die, die diesem Jesus nahe standen, angreifen wollten.   Das kennen wir ja auch: da sitzt du bei irgendeiner Feier und irgendwann kommt das Thema auf die Kirche. Und dann wird meist alles aufgezählt, was es daran auszusetzen gibt. „Ihr von der Kirche tut ja nichts für die, die euch wirklich brauchen“ und „die Kirchensteuer ist Mist“ und „die, die immer in die Kirche rennen, sind auch nichts besser“, und „der ganze Reichtum vor allem in der kath. Kirche sollte verkauft und das Geld den Armen gegeben werden“ und „das ist doch wohl völlig daneben, dass der Papst immer noch gegen die Pille ist“ und, und, und...  Es ist klar: Kirche ist Mist! Und du
bist so’n Depp, der da auch noch mitmacht und da hingeht! Wie kannst du nur?!

 
So ähnlich war das auch damals in dem Umfeld, in dem Paulus und die anderen Christen lebten. Kirchensteuer, Pille und kirchliches Vermögen gab‘s noch nicht – aber ein anderes Thema erregte die Gemüter: wie könnt ihr Christen einem folgen, der am Kreuz hingerichtet wurde?!   Für die, die sich darüber aufregten, war es sonnenklar: das Kreuz ist ein echtes Ärgernis! Man muss wissen: das Kreuz war damals das absolute Symbol für Niederlage und Schwäche und Versagen. Am Kreuz landeten die, die versagt hatten! Der Abschaum! Die, mit denen man nichts mehr zu tun haben wollte! Und wer am Kreuz zu Tode gebracht wurde, dem blieb kein bisschen Ehre mehr. So grausam war die Hinrichtung am Kreuz, dass kein römischer Staatsbürger gekreuzigt werden durfte. Man konnte Verurteilte aufhängen oder köpfen oder lebendig verbrennen – nichts davon war so grausam,  wie sie ans Kreuz zu nageln und zu warten, bis sie elendig krepierten – manchmal nach Tagen erst.   Und wenn nun ausgerechnet die neue Gruppe der Christen immer wieder davon sprach, dass ihr Anführer, dass Jesus am Kreuz gestorben war – dann konnte kein halbwegs vernünftig denkender Mensch damit etwas anfangen! Aus ihrer Sicht war Jesus der absolute Versager und das Kreuz das Bild, das Symbol für totalen Unsinn. Und zu diesem ganzen Bereich nimmt nun der Apostel Paulus Stellung. Und zwar denen gegenüber, die in den Gemeinden leben. Weil er merkt: etliche werden verunsichert und wissen gar nicht mehr, was sie denken und glauben sollen.  Und ihnen macht er nun klar, warum das Kreuz letztlich wie ein Plus-Zeichen über unserem Leben ist.
1.:  Das Kreuz ist ein Pluszeichen, weil Jesus durch seinen Tod am Kreuz den Tod besiegt hat. Jeder, der schon einmal um einen Menschen getrauert hat, weiß wie schwer es ist, wenn wir vor der Mauer des Todes stehen. Das ist auch für uns Christen so. Keiner soll sagen, dass für uns das loslassen leichter ist und der Schmerz weniger weh tut. Und der Weg durch die Trauer kann ganz furchtbar quälend und lang sein. Und trotzdem gilt gleichzeitig auch etwas anderes: dass nämlich der Tod nicht mehr die Macht ist, die es letzten Endes über uns zu sagen hat.  Und auch wenn Christen sterben, dann tut das weh, keine Frage! Aber Jesus gibt uns sein Wort, dass wir dann nicht einfach in ein dunkles Loch fallen oder im Nichts versinken. Wir sind und bleiben auch dann in Gottes Hand! Und wir werden umgeben sein von Seinem Licht, von Seinem Glanz und von Seiner Herrlichkeit. Und noch etwas anderes will ich dazu sagen: wenn ich in den Zeiten, in denen es mir gut geht, meinen Glauben vertiefe und stärke, dann bekommt er eine solide und gute Grundlage, für Zeiten wo mir der Wind um die Ohren weht und ich schwere Sachen zu verkraften habe. Und wie oft haben wir das in unserer Gemeinde erlebt?! Dass Menschen dadurch, dass sie sich an’s Kreuz Christi gehalten haben, gestärkt wurden! Dass sie mitgehen konnten, wenn Jesus ihnen an der Schwelle seine Hand gereicht hat – und dass ihre Angehörigen nach und nach einen Weg finden ins Leben zurück.  Christlicher Glaube ist etwas für gute und schwere Tage. Und für jemand, der einen lieben Menschen verloren hat, kann das Kreuz zu dem Griff werden, der ihn festhält.
2.: Das Kreuz ist ein Pluszeichen, weil es die Schuld-Krise beseitigt
Habt ihr schon einmal ein schlechtes Gewissen gehabt? Wolltest Du schon einmal in den Boden versinken, weil andere etwas wussten, was Dir peinlich war?  Menschlich gesehen gibt es verschiedene Arten mit Schuld umzugehen – aber sie haben eines gemeinsam: es sind mehr oder weniger hilflose Versuche, die meistens nichts bringen.
Da gibt es das „Schwarze Peter Spiel“. Wie oft haben wir das mit unseren Kindern gespielt – ich mag das heute noch gerne. Und immer, wenn man den schwarzen Peter hat, setzt man sein Pokergesicht auf und versucht, dass man ihn wieder loswird. So gehen wir mit Schuld auch oft um – dass wir sie weitergeben. Hauptsache, ich hab‘ sie nicht mehr! Aber eine Lösung ist das meistens nicht – nur ein Verschiebespiel. Eine zweite Variante, wie wir oft mit Schuld umgehen: Wir kehren sie unter den Teppich. Wie bei einer schlechten Putzfrau wird alle Schuld im Dunkel versteckt. Man sieht sie erstmal nicht mehr – aber irgendwann kann es passieren,  dann man darüber stolpert. Und dann gibt es noch die Variante, dass ich versuche, die Schuld zu ignorieren und einfach so weiter zu machen.
Aber allen Varianten ist gemeinsam, dass Schuld nicht wirklich gelöst wird. Und hier kommt nun wieder das Plus-Zeichen vom Kreuz: Gott streicht das durch! Was an das Kreuz gebracht wird, das ist vergeben und braucht weder weiter geschoben, noch versteckt, noch verschwiegen werden. Die Folgen der Schuld bleiben, aber Vergebung des Kreuzes schenkt Heilung und Neuanfang.
Im schwäbischen Oberland kann man in einer kleinen Dorfkirche ein interessantes Decken-gemälde sehen: Es ist Jesus am Kreuz dargestellt und auch der Teufel ist abgebildet. Er hat einen großen Schuldbrief in der Hand. Darauf stehen die Sünden der Menschen. Der Teufel will zu Jesus sagen: „Schau her, wie schlecht die Menschen sind. Hier stehen ihre Sünden. Diese sündigen Menschen gehören alle mir.“  Da kommt ein Engel mit einem Schwamm.
Er fängt das Blut und Wasser auf, das aus der Seitenwunde Jesu strömt. Mit dem Schwamm löscht er den Schuldbrief des Teufels. Der Maler wollte damit sagen: Jesus hat durch seinen Tod am Kreuz die Schuld der Menschen gesühnt. Er hat uns mit Gott versöhnt. Wer diese Vergebung annimmt, für den ist das Kreuz kein Unsinn, sondern Gottes Kraft und Gottes Weisheit.  Und es tut gut, sich das immer wieder sagen zu lassen, sich daran zu erinnern. Darum kommt bei uns das Kreuzzeichen immer wieder vor: bei jeder Taufe mache ich ein kleines Kreuz an die Stirn des Kindes; jeder Konfirmand empfängt das Kreuzzeichen. Gestern durfte ich mehrmals über Menschen das Kreuz machen – ein großes Plus über sie setzen: bei der Trauung von Tanja und Stefan Herten und bei der Goldenen Hochzeit von Richard und Elfriede Kleen – einmal bei den Paaren direkt, aber auch am Ende des Gottesdienstes über alle, die in der Kirche waren.  So wie ich es nachher auch mache – beim Segen schlage ich das Kreuz über euch. Und das ist kein frommer Hokuspokus, sondern das ist ein Symbol. Ein Zeichen dafür, dass wir in die neue Woche starten können mit Gottes Plus-Zeichen über uns! Und das ist doch was!  Ich glaube, es würde uns gut tun, wenn wir uns das öfter einmal klar machen würden, dass Gottes Plus uns gilt, dass das Kreuz Christi unserem Leben Wert und Sinn und Perspektive gibt! Unsere katholischen Mitchristen gönnen sich das öfter als wir – wenn sie sich bei bestimmten Gelegenheiten bekreuzigen. Das ist nichts anderes, als dass sie sich dadurch selbst erinnern: ich bin mit dem verbunden, der das Kreuz auf sich genommen hat – und der damit ein großes „Plus“ über mein Leben setzt!  Damit lässt es sich leben – und dann, wenn es einmal so weit ist, auch sterben! Amen.

 

 

Predigt vom 15.07.2018

Eine schriftliche Version der heutigen Predigt liegt uns leider nicht vor. Wir wünschen viel Spaß mit der Audioversion.

Predigt vom 01.07.2018

Eine schriftliche Version der heutigen Predigt liegt uns leider nicht vor. Wir wünschen viel Spaß mit der Audioversion.
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